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dajobama

Posted on 22.3.2023

Mary & Claire – Markus Orths Zumindest Mary Shelley war mir durch ihr Werk "Frankenstein" bereits vor der Lektüre ein Begriff. Das berühmte Zusammentreffen von Mary, ihrer Stiefschwester Claire Clairmont, Percy Shelley und dem erfolgreichen Dichter Lord Byron unmittelbar nach einem Vulkanausbruch am Genfer See ging in die Geschichte ein und war ursächlich für die Entstehung von "Frankenstein". Außerdem legte es den Grundstein für viele weitere Grusel- und Horrorgeschichten. Hierbei handelt es sich um einen Roman, der die Persönlichkeiten hinter den berühmten Namen beleuchtet und zum Leben erweckt. Dabei beginnt der Autor ganz am Anfang, bei der Kindheit Marys. Diese wächst in einer sehr gebildeten Umgebung auf und interessiert sich früh für Literatur. Beide Elternteile waren Schriftsteller, die bereits verstorbene Mutter Feministin. Spätestens als sie mit ihrer Stiefschwester und Percy in einer seltsamen Menage a Troix durchbrennt, wird klar, dass es mit der Liberalität nicht allzu weit her ist. Und regelrecht reflexartig machen sich die beiden jungen Damen sofort wieder von opportunistischen Männern abhängig. Percy und Lord Byron werden schonungslos in ungünstigem Licht dargestellt. In einer speziellen Viererkonstellation scheinen die jungen Autoren und Autorinnen ihr Schaffen ausleben zu können. Jedoch nicht ohne Komplikationen und niemals gleichzeitig. Teilweise bremsen sie einander gegenseitig aus, dann befeuern sie einander wieder. Dem Leser sollte bewusst sein, dass es sich hierbei um die Vorgeschichte des Zusammentreffens am Genfer See handelt. Der eigentliche Schreibprozess bzw. die Entstehungsgeschichte Frankensteins wird am Ende in wenigen Seiten abgehandelt. Dennoch ist es wunderbar und faszinierend, die beiden Mädchen/Frauen bei der Entdeckung und Entwicklung ihres schriftstellerischen Talents zu begleiten. Gerade in einer Zeit, in der Bildung für Frauen keineswegs selbstverständlich war und sie sich ihren Weg erkämpfen müssen. Ein Roman mit einem hochinteressanten realen Hintergrund, der mich sehr zum Recherchieren angeregt hat. Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass Mary Shelleys Frankenstein ganz nach oben auf meine Wunschliste gewandert ist. Wie schade, dass Claires "Idiot" verloren gegangen ist! Das hätte ich ebenfalls sehr gerne gelesen! Sprachlich kommt dieser Roman unerwartet leichtfüßig und regelrecht spannend daher. Kurze knackige Sätze, die teilweise sehr modern wirken und den Leser mühelos in die Geschichte mitnehmen. Ich mochte diese klare schnörkellose Sprache sehr. Markus Orths hat ein Stück Literaturgeschichte lebendig gemacht und mich damit bestens unterhalten. 4 Sterne!

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