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los_lesen

Posted on 4.2.2023

Vor zwanzig Jahren lebten die beiden Studenten Theresa und Stefan in einer WG in Münster zusammen und studierten beide Germanistik. Sie waren wie Bruder und Schwester füreinander, bis Theresa in einer „Nacht und Nebel“ Aktion auszog. Sie kehrte zurück nach Brandenburg zu ihrer Familie und führte nach dem Tod ihres Vaters den Landwirtschaftsbetrieb weiter. Von Stefan richtig verabschiedet hatte Theresa sich nie. Erst zwanzig Jahre später treffen sich die beiden in Hamburg bei einer Fahrt in der U-Bahn wieder. Das kurze Treffen der beiden endet allerdings in einem Streit. Zu unterschiedlich die jetzigen Lebensumstände, zu unterschiedlich sind ihre Sichtweisen. Doch die Bio-Milchbäuerin und der Kulturjournalist bleiben dennoch in Kontakt und tauschen sich von nun an per Mail und Nachrichtendiensten sowohl über ihr berufliches und privates Leben als auch über die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen des Landes aus. Wird ihre alte Freundschaft diese kontroversen Diskussionen aushalten? Die beiden Autoren Juli Zeh und Simon Urban haben den Roman so konzipiert, dass sich die beiden Hauptprotagonisten ausschließlich über ihre E-Mails bzw. Handynachrichten austauschen. Darin diskutieren die beiden hochaktuelle und brisante gesellschaftspolitische Themen. Es geht um die Genderthematik, die Klimakrise, den Ukrainekrieg, aber auch darum wie Politiker mit Bürgern umgehen, die in Eigeninitiative Verbesserungsvorschläge für bestehende Missstände vor Ort erarbeiten und darum, weshalb sich Teile der Bevölkerung von der Politik allein gelassen fühlen. Der „Briefaustausch“ der beiden Mittvierziger behandelt aber auch aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen, wie z.B. die Macht der sozialen Medien oder die vorherrschende Debattenkultur, die es möglicherweise gar nicht mehr gibt. Die beiden Protagonisten stehen an sich für den Titel des Buches. Ihr „Schlagabtausch“ bewegt sich auch im übertragenen Sinn zwischen den Welten. Sie stehen für Großstadt und Landleben, für Ost und West, für Politikverdrossenheit und Aktivismus, für Familie und Singlehaushalt, für Frau und Mann. Die schriftlichen Debatten von Theresa und Stefan werden temporeich und schonungslos geführt. Sie nehmen dabei kein „Blatt“ vor dem Mund. Das muss nicht nur der jeweils andere von ihnen aushalten können, sondern auch der/ die Leser*innen. Ihre unterschiedlichen Sichtweisen, beleuchten verschiedene Aspekte des jeweiligen Themas. Dies ermöglicht dem/der Leser*in, sich selbst eine Meinung zu der jeweiligen Sachlage zu bilden. Eine Meinung, mit der man in die nächste Diskussion mit seinen/ ihren Mitmenschen starten kann. Denn darum geht es ja, selbst eine Meinung angemessen vertreten, aber auch andere Meinungen anhören und aushalten zu können. Fazit: Eine gesellschaftskritische Auseinandersetzung mit brisanten, hochaktuellen Themen mit dem Appell zur freien Meinungsäußerung!

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