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R. S.

Posted on 2.2.2023

Großmutters Geheimnis - Bewegende Geschichte mit Schwächen "Als Großmutter im Regen tanzte" handelt von mehreren Generation von Frauen. In der Gegenwart folgt man Juni, die nach dem Tod ihrer Mutter auf die Insel zurück, auf der sie aufgewachsen ist und wo sie in das von ihr geerbte Haus der Großmutter einzieht. Beim Aufräumen des Hauses entdeckt Juni Bilder, die ihre Großmutter mit einem deutschen Soldaten zeigen sowie auf einen von ihr geschriebenen Brief aus dem Jahr 1946 mit einem deutschen Poststempel. Da bis dahin Juni nicht wusste, dass ihre Großmutter sich in einen deutschen Soldaten verliebt hatte und nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland war, macht sie sich auf die Suche nach Antworten. Sie macht sich auf dem Weg nach Berlin und Demmin, im Osten von Deutschland. Auf ihrer Suche nach Antworten lernt sie nicht nur mehr über das schreckliche Schicksal von Demmin und der schwierigen Zeit in Deutschland direkt nach dem Krieg kennen, sondern kommt auch einem großen Familiengeheimnis auf die Spur, das ihr Leben verändern wird. In der Vergangenheit folgt man Junis Großmutter Tekla, wie sie sich in einen deutschen Soldaten verliebt und gemeinsam mit ihm nach Deutschland geht, zum Missfallen ihrer Familie. In Deutschland angekommen, stehen jedoch ihre Liebe und ihr gemeinsames Glück unter keinem guten Stern. Die Geschichte von Juni und Thekla wird in zwei Handlungssträngen erzählt, was besonders am Anfang den Erzählfluss etwas hemmt, da zu Beginn keine richtige Verbindung zwischen den beiden Handlungssträngen zu erkennen ist. Mit zunehmender Seitenzahl verweben sich beide Geschichten immer mehr miteinander und je mehr man in Teklas Vergangenheit eintaucht, umso spannender und bewegender wird der Roman. Man lernt hierbei so manches über die Zeit in Norwegen während des Zweiten Weltkrieges kennen, so wie auch über das Leid, dem die einfache deutsche Bevölkerung in den Städten und Dörfern, die von der Roten Armee erobert wurden, ausgesetzt waren. Dargestellt wird auch das Leben in Berlin in der direkten Nachkriegszeit. Im Fokus des Romans steht jedoch die wiederkehrende Themen Liebe, Verbundenheit und Wärme (und auch das Fehlen davon), sind doch alle Familienmitglieder über verschiedene Generationen hinweg stark davon in irgendeiner Form geprägt. Im Mittelpunkt stehen hierbei die drei Frauen, Juni, ihre Mutter und Tekla, die es trotz schwieriger Umstände schafften, jede auf ihre Weise die Stärke in ihnen selbst zu finden. Leider konnte mich jedoch die Geschichte insgesamt trotz ihrer bewegenden und vielschichtigen Themen in ihrer Umsetzung nicht vollständig begeistern. Besonders der Handlungsstrang rund um Juni empfand ich gegenüber Teklas als den Schwächeren. Juni blieb mir als Charakter eher fremd und hatte ich auch das Gefühl, dass sich zum Ende hin all ihre Probleme mit der Zauberhand aufgelöst zu haben schienen. Dadurch wirkte im Ganzen die Erzählung rund um Juni etwas zu konstruiert, wodurch ich keine emotionale Verbindung zu einer an sich bewegenden Lebensgeschichte aufbauen konnte. Tekla als Charakter gefiel mir dagegen viel besser und ich wäre ihr gerne noch viel länger in ihrem Leben gefolgt. "Als Großmutter im Regen tanzte" von Trude Teige ist ein bewegender und vielschichtiger Roman über die Kraft der Liebe, der gleichzeitig auch interessante Einblicke in die deutsch-norwegische Geschichte zu Zeiten und nach Ende des Zweiten Weltkrieges gibt. Nach einem langsamen Beginn kann vor allem der Handlungsstrang rund um Tekla überzeugen. Im Vergleich dazu bleibt Juni als Charaktere eher blass. Eine stärkere Fokussierung auf Tekla hätte meiner Meinung nach der Geschichte besser getan. Alles in allen ein schön geschriebener und berührender historischer Roman, der mich mit gemischten Gefühlen zurückgelassen hat.

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