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renee

Posted on 13.11.2022

Wunsch und Wirklichkeit Ein perfekter Übergang! Von Margaret Atwood und ihrer Penelopiade kommend, blicke ich nun auf "Galatea" von Madeline Miller. Erschienen ist dieses 80 Seiten starke Büchlein im Eisele-Verlag in einer kunstvollen und optisch wunderschönen Ausgabe. Schon augenscheinlich ist dieses kleine Büchlein, diese Erzählung ein Leckerbissen, ein Kleinod. Madeline Miller blickt hier auf die Welt von Ovid, genauer auf eine der rund 250 griechischen und römischen Sagen, die der Dichter Publius Ovidius Naso, kurz Ovid genannt, in seinem Werk "Metamorphosen" veröffentlicht hat. Es geht um den Mythos um Pygmalion, den Orpheus besingt, als er seine Eurydike endgültig verliert. Pygmalion, ein hochbegabter Bildhauer der Insel Zypern ist von den Frauen seiner Insel, von ihrem Lebenswandel angewidert und beschließt eine weibliche Statue zu erschaffen, in die er seine Ideale legt und seine nicht ausgesprochenen Wünsche werden schließlich von Venus erhört und zum Leben erweckt. Madeline Miller spinnt diese Geschichte um männliche Wunschvorstellungen und deren Erfüllung weiter, gibt der Frau gewordenen Statue einen Namen, eben den Namen jener titelgebenden Galatea und gibt der Geschichte einen weiblichen Touch, eine weibliche Sicht und erweitert die Geschichte dadurch immens, macht sie fühlbarer und authentischer. Wenn feministische Sichten und Ideen in diese alte männliche griechisch-römische Welt einziehen, vernichtet diese Veränderung keineswegs diese alten Geschichten und Sichten, sondern macht sie moderner und irgendwie auch wahrer. Ob man dies nun Weiterentwicklung oder Rückbesinnung nennen möchte, bleibt jedem Betrachter selbst überlassen. Aber das eine alte matriarchale Welt von einem patriarchalen Denken überrollt wurde, ist in der Geschichte erkennbar. Und ich stelle mir schon seit längerer Zeit die Frage.: Was wäre mit der Welt geworden, wenn eben nicht die männlich dominierte griechisch-römische Welt in Europa entstanden wäre und die europäische Zivilisation über die minoische Kultur zu ihrer Blüte gekommen wäre? Wie würde dann wohl unsere heutige Welt aussehen? Träumen ist ja wohl gestattet!

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