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marcello

Posted on 13.11.2022

Bei Cecelia Ahern kann man wohl definitiv resultieren, dass sie keine klassischen Liebesgeschichten mehr schreibt. Auch wenn sie immer schon einen besonderen inhaltlichen Kniff drin hatte, so ging es doch vor allem um die partnerschaftliche Liebe. Nach „Sommersprossen“, das schon eher die Geschichte einer einzelnen Frau erzählte, wird das hier mit „Alle Farben meines Lebens“ weiter verstärkt. Es ist etwas schade, dass das Marketing angesichts des Klappentextes immer noch die übliche Liebesgeschichte anteasert, denn dann fühlt man sich möglicherweise auch ein wenig verschaukelt. Dabei kann Ahern so oder so erzählen, aber ohne gäbe es wenigstens keine Diskrepanz zwischen Erwartung und Endergebnis. Natürlich behaltet das Buch auch Liebe, versteht mich nicht falsch, aber es ist für mich gleichzeitig nicht mit ihren Highlights wie „P.S. Ich liebe dich“ oder „Ich habe dich im Gefühl“ zu vergleichen, denn eigentlich geht es um die Reise von Alice, die den Gemütszustand von Menschen in Farben sehen kann. Das ist für mich eine ungewöhnliche Idee gewesen, auch wenn der Roman an mehreren Stellen auch andeutet, dass es nicht unmöglich sein muss, was ich auch gerne so stehen lassen. Aber ich fand auch den Aufbau dahinter sehr gut getroffen, denn als empathischer Mensch macht man sich nun doch viel Gedanken um die Gefühle seiner Mitmenschen und auch wenn ich jetzt keine Farben sehe, so versuche ich anhand von Mimik, Gestik, aber auch was wird gesagt?, was wird nicht gesagt? Antworten zu finden. So wie Alice die Farben wahrnimmt und wie sie auch sieht, wie verschiedene Farben auf andere übergreifen etc., das hat sich mir sehr logisch erklärt und ich dachte, geniale Idee. Auch wenn es für Alice zunächst eher als Bürde dargestellt wird, so habe ich mich doch bei dem Gedanken erwischt, dass ich es gerne mal selbst erleben würde. Deswegen habe ich auch über die Farbgebungen und Ähnliches sinniert und das hat mich doch inhaltlich wirklich viel beschäftigt. Ich habe „Alle Farben meines Lebens“ als Hörbuch konsumiert und hatte mit Tessa Mittelstaedt erst so meine Probleme, aber die Erfahrung habe ich inzwischen gemacht, man muss sich einfach drauf einlassen und dann wird eine zunächst ungewöhnlich erscheinende Stimme am Ende doch zu der Figur und das habe ich auch hier erlebt. So hat sie mich letztlich gut durch die Geschichte getragen. Der Inhalt hatte aber eigene Höhen und Tiefen, was vermutlich auch ganz gut dazu passt, dass Alices gesamtes Leben abgebildet wird, aber einige Passagen waren doch eher langweilig, weil man hier auch merkte, dass Alice sich selbst im Weg stand und andere waren sehr faszinierend. So mochte ich die Darstellung der Kindheit sehr, denn man konnte sich gut mit dem jungen Mädchen einfühlen, wie seltsam es für sie gewesen sein muss, zumal sie eben auch nur von ihrem älteren Bruder Hugh Verständnis bekommen hat. Lily und Billy waren wirklich anstrengende Figuren, aber Wegbegleiter, die viel über Alice erklärt haben. Sich mit ihr hier gemeinsam zurechtfinden, war direkt ein guter Einstieg, um sie trotz der emotionalen Distanz, die sie oft sucht, lieb zu gewinnen. Anschließend werden die Zeitsprünge oft größer und es nimmt zu, dass in die Gegenwart noch einmal Rückblenden eingebaut werden, ein Kniff, den ich persönlich nicht gebraucht hätte, weil er nicht entscheidend zur Spannung beiträgt. Tatsächlich war es eher inhaltlich hin- und hergeworfen werden, was den Lesefluss (oder hier Hörfluss) eher behindert. So richtig interessant wurde es für mich wieder, als Alice sich in London einlebt und auch mit ihrem Schild eine wichtige Lektion lernt. Schließlich begegnet sie auch Andy, dem Mann, der im Klappentext erwähnt wird, doch wird sind schon weit in die zweite Hälfte hinein. Hier hat man auch deutlich gemerkt, dass es keine Liebesgeschichte ist. Auch wenn er der Mann an ihrer Seite wird, so war die Hochzeit doch auch schwer zu ertragen und ich habe mich bei bösen Gedanken erwischt. Dennoch ist es ihr Lebenspartner geworden und mir hat am Ende auch gefallen, wie erwachsen Alice die Beziehung bewertet hat, denn wir alle streiten uns schließlich mal mit denen, die wir lieben und dennoch bleibt die Liebe und man entscheidet sich immer wieder neu füreinander. Von daher war es einfach eine sehr erwachsene Geschichte mit vielen Lebensweisheiten, die Alice bis ganz zum Ende begleiten. Fazit: Cecelia Ahern ist von klassischen Liebesgeschichte ab und bietet mit „Alle Farben meines Lebens“ eine Lebensgeschichte. Alice hat eine ungewöhnliche Gabe, die mich fasziniert hat und sehr zum Nachdenken gebracht hat. Das Buch nimmt sich inhaltlich zwar auch Pausen, aber ich habe Alice gerne auf ihrem Lebensweg begleitet.

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