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sursulapitschi

Posted on 25.10.2022

Interessante Momentaufnahme, handlungsarm Ein neues Buch von Kristine Bilkau, noch dazu für den Buchpreis nominiert, löst bei vielen meiner Freundinnen helle Begeisterung aus. Ich habe das zum Anlass genommen, endlich mal ein Buch dieser Autorin zu lesen und stelle fest, man muss wohl der Typ dafür sein. Der Erzählstil gefällt mir sehr, hat einen ganz eigenen Ton, arbeitet mit feinen kleinen Andeutungen, die mit wenigen Worten ganz viel erzählen. Die Atmosphäre ist dicht, die Figuren lebendig und originell. Nur Handlung sucht man hier vergeblich und das ist schade, ich bin ein großer Fan von Handlung in Büchern. Wir lernen ein paar Frauen kennen, die ganz unterschiedlich sind und unterschiedlichste Sorgen haben. Dabei werden zahlreiche Themen angekratzt, die uns alle beschäftigen: Was will man vom Leben? Stadt oder Landleben, die Innenstädte sterben aus, Kinderlosigkeit, Selbstverwirklichung, Mobbing, Stalking, älter werden und Ballast abwerfen, alte und neue Freunde und die Kirschen in Nachbars Garten. Wie sehr sollte-müsste-möchte man sich in das Leben seiner Nachbarn einmischen oder verschließt man besser die Augen, wenn der Briefkasten nebenan überquillt? Man kann es als durchaus interessante Momentaufnahme sehen, nur hätte ich mir ein Ziel gewünscht. Die Themen mäandern vor sich hin, folgen einem losen roten Faden und enden irgendwo im Nirgendwo. Das Ende deutet dann kunstvoll und kryptisch darauf hin, dass manch einer unerwartet eine Leiche im Keller hat. Das ist hübsch und auch witzig, als Fazit dann aber doch etwas simpel. Dieses Buch ist nachdenklich, klug und schön erzählt, wirklich fesseln konnte es mich aber nicht. Es ist ein beschaulicher Streifzug durch die Nachbarschaft, bei dem man vielleicht in das ein oder andere Fenster schaut und feststellt, dass es anderswo anders ist, nicht mehr und nicht weniger.

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