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mabuerele

Posted on 2.7.2022

„...Bruder Daniel lachte leise. „Und, wie findest du sie?“ Friedrich holte tief Luft, ohne den Blick von ihr zu nehmen. „Sie ist wie das Licht des Morgens, wenn die Sonne aufgeht, ein Morgen ohne Wolken.“ Er hielt feierlich inne...“ Wir schreiben das Jahr 1882, als sich Friedrich und Rebekka das erste Mal begegnen. Rebekka ist Witwe. Ihr Mann Wilhelm, Missionar und Arzt, verstarb in China an der Cholera. Nun kehrt sie mit ihren beiden Kindern zurück nach Deutschland. Unterwegs erhielt sie einen Brief von Friedrich. Daniel aus der Berliner Missionsstation hat die Fäden verknüpft. Pfarrer Friedrich ist ebenfalls Witwer und steht mit drei Kindern allein da. Die Autorin hat einen tiefgründigen Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Der Schriftstil ist ausgereift. Das zeigt schon das Eingangszitat. Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt. Zum einen begleite ich Friedrich und Rebekka auf ihrer ersten gemeinsamen Wegstrecke, zum anderen erfahre ich, was auf dem Schiff passiert ist. Bei Rebekka hat die lange Schiffsreise Spuren hinterlassen. Während eines Sturms hat ihr der Kapitän Pierrot das Leben gerettet. Die Nacht danach kann und will sie nicht vergessen. Doch Pierrot ist kein gläubiger Mensch. Nun muss sich Rebekka entscheiden. Für Friedrich dagegen ist alles klar. „...Seine Gefühle glichen einen Blütenmeer der Obstbäume, das vor dem Zugfenster in der flachen Landschaft wie ein buntes Band in den Weiten der endlosen Plantagen und Wiesen an ihnen vorbei zog. Er lächelte...“ Rebekka heiratet Friedrich. Wann aber wird sie ihm die Wahrheit über ihren Zustand sagen? Ein zweites Problem gilt es zu lösen. Jakob, Rebekkas Sohn, hat zum einen den Tod seines Vaters noch nicht verwunden, zum anderen auf dem Schiff viel Freiheit genossen. Nun muss er sich in das geordnete Leben eines Pfarrhauses fügen und gleichzeitig in der Schule zurecht kommen. Das wird schwierig, denn er kennt keine Regeln. Friedrich selbst hat eine Kindheit ohne Liebe und eine Ehe hinter sich, die seine Eltern eingefädelt haben. Er sehnt sich nach Liebe – und weiß doch nicht, wie man darum kämpft. Sehr gut wird die innerer Zerrissenheit der Protagonisten dargestellt. Gleichzeitig aber ist ein zunehmender Reifeprozess zu erkennen. Eine gewisse Leichtigkeit kommt durch Justus, ein Freund Friedrich und ein Arzt, in die Handlung. „...“Warum hast du nie geheiratet?“ Friedrich blies eine Wolke in den Raum. Justus grinste. „Ich hielt es mit den Frauen bisher wie mit der Medizin. Ich nahm nur eine, wenn ich eine Brauchte.“...“ Friedrich bringt Rebekka Schwimmen und Tanzen bei. Als Missionsfrau war das für sie bisher kein Thema. In einer schwierigen Phase aber taucht Pierrot wieder in ihrem Leben auf. Was nun? Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es gibt die Lebensansichten und die Zeitverhältnisse gut wieder. Gleichzeitig sind es viele tiefgründige Gespräche, die die Handlung prägen.

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