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mabuerele

Posted on 12.2.2022

„...Das Universum tendiert zu Chaos und Entropie. Das sind die Grundlagen der Thermodynamik. Vielleicht sind es auch die Grundlagen des Daseins...“ Diese Gedanken gehen Nora durch den Kopf. Sie hätte viele Möglichkeiten im Leben gehabt, ist aber in ihrem Heimatort hängengeblieben. Nun hat sie ihren Job verloren, ihr Kater ist gestorben und ihr Bruder ist auf sie sauer. Sie beschließt zu sterben. Der Autor hat einen philosophisch und physikalisch angehauchten Roman geschrieben. Die Geschichte ließ sich anfangs flott lesen. Gegen Ende aber weist sie unerwartet Längen auf. Nachdem Nora sich mit Tabletten vollgepumpt hat, landet sie in einer Bibliothek. Hier trifft sie Mrs Elm wieder. Es ist die Bibliothekarin ihrer Kindheit, die einst mit ihr Schach gespielt hat. Die Bibliothek enthält Bücher mit all den Leben, die es für Nora gegeben hätte, wenn sie an den Abzweigungen ihres eigenen Lebens andere Entscheidungen getroffen hätte. Auch jetzt führen beide spannende Gespräche. „...Doch Mrs Elm schüttelte den Kopf. „So funktioniert das nicht mit dem Tod.“ „Warum nicht?“ „Du gehst nicht zum Tod. Der Tod kommt zu dir.“...“ Nach und nach probiert Nora aus, was passiert wäre, wenn sie sich anders entschieden hätte. Doch sie muss begreifen, dass sie damit plötzlich in fremde Leben einsteigt. Ihr fehlt das Wissen der Vergangenheit. Und keines dieser Leben ist wirklich ihr Leben. Mich fesseln die Gespräche, nicht die Handlung. „...“Katzen sind zu ungehorsam“, sagte er und klang jetzt ganz wie der Bruder, den sie in Erinnerung hatte. „Hunde kennen ihren Platz.“ „Ungehorsam ist das wahre Fundament der Freiheit. Die Gehorsamen sind Sklaven.“...“ Während ich die ersten neuen Leben noch nachvollziehen kann, wird es mir am Ende zu viel des Guten. Hier wäre weniger besser gewesen. Klar spricht die Quantenphysik von unzähligen Multiversen. Doch Nora bringen die Erlebnisse eher durcheinander, als das sie sie weiterbringen. Nur wenige der Erlebnisse zeigen ihr, was sie wirklich will. In Todesangst begreift sie, dass sie leben will. Und sie ist noch jung genug, dass ihre alle Möglichkeiten offenstehen. Sie muss sich nur trauen. Gut finde ich den Vergleich zwischen Leben und Schachspiel. „...Und es gibt nicht den richtigen Weg, die Partie zu spielen; es gibt viele Wege. Im Schach wie im Leben basiert alles auf Möglichkeiten...“ Eines wird deutlich herausgearbeitet. Der Mensch ist kein Einzelwesen. Jede Entscheidung, die Nora fällt, beeinflusst das Leben andere Menschen, mal positiv, mal negativ. Das erfährt sie bei ihrer Reise durch die Möglichkeiten. Trotz manchem Kritikpunkt hat mir die Geschichte sehr gut gefallen.

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