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gwyn

Posted on 9.2.2022

Wachstum, das ist der Gott der Moderne. Ist diese These noch zu halten? Thomas Robert Malthus entwarf 1798 das «Bevölkerungsgesetz», indem er die Unersättlichkeit zur Natur erklärte, Armut und Ungleichheit als normal akzeptierte. Die Überbevölkerung sei das eigentliche Problem. Darum müsse man eben mehr Lebensmittel anbauen, «erhöhe man Ertrag des Landes». Er lehnte sogar die Armenhilfe ab, war der Meinung, nur durch die Existenz von Armut sei der Mensch fleißig. Bekommt er etwas gratis, sitzt er faul herum. Nur mit Ansporn erreichen wir größere Produktivität, Reichtum ist etwas völlig Legitimes, reizt an. «Im Namen des Wachstums: Ungleichheit und Marktfreiheit».Der Slogan des Kapitalismus. Es gibt die weitverbreitete These, dass das Problem damit anfing, dass sich der Mensch entschloss, sesshaft zu werden. Wachstum von Land und Eigentum war nun sein Ziel. «Ist es möglich, eine nicht-fatalistische Politik der Grenzen zu konstruieren, eine, die auf der Sehnsucht nach Grenzen aufbaut, statt sie der Natur zuzuschreiben?» Wir sitzen im Hamsterrad des ewigen Wachstums. Nur wie kommen wir da heraus? Das Hamsterrad sprengen. Kein Wachstum akzeptieren, sondern Wachstumsrückgang vorantreiben. Und wer sich die Gefährdung der Umwelt anschaut, das Abholzen der Regenwälder, Überfischung, Meeresverschmutzung, Übersättigung an Lebensmitteln und Konsumgütern auf der einen Hälfte der Welt, die daraus entstehende Gefährdung der Erde durch den Klimawandel, der wird verstehen, worum es geht. Kann uns eine ökologische Ökonomie weiterhelfen? Die Frage stellt sich, wenn es nun Knappheit gibt, dann muss es jemanden geben, dem es fehlt. Warum schmeißen wir so viel weg, vernichten Dinge, wenn sie angeblich knapp sind? Der Wachstumsgedanke. Können wir uns selbst beschränken, wenn es uns persönlich betrifft? Wie können wir einen kollektiven Verzicht erreichen? «Die Natur ist, was sie ist. Es sind unsere Handlungen, die Folgen haben, die uns gefallen können oder auch nicht, und die wir begrenzen müssen, in Anbetracht dessen, was geschehen würde, wenn wir dies nicht täten.» Die Grenzen, die wir setzen, sind nicht natürlich. Sie sind eine Wahl, die wir treffen. In Wirklichkeit sind ökologische Grenzen nämlich gesellschaftlich ausgehandelte Selbstbegrenzungen. Die Gier steckt leider im Menschen und so impliziert ein auf Expansion basierendes Wirtschaftssystem mehr Konsum und die Ausbeutung der ArbeiterInnen. Bzw. möchten auch Angestellte durch Erhöhung des Lohns partizipieren, was die Preise steigen lässt ... das Hamsterrad. Immer mehr Konsumanreize, eine Wegwerfgesellschaft ist entstanden. Wir benötigen eine Kultur, die sich selbst Grenzen zur Mäßigung setzt – in allen Bereichen. Im letzten Kapitel zieht Giorgos Kallis ein Resümee, übt Selbstkritik. Theoretisch ist das alles ganz einfach – die Umsetzung, die Gesellschaft zum Umdenken zu lenken, wird der schwierigste Punkt sein. Ein interessantes Essay zum Umdenken unseres Wirtschaftssystems, zur Verteilung der Ressourcen. Giorgos Kallis, 1972 in Athen geboren, ist nach Arbeiten für das Europäische Parlament und Forschungen an der University of California, Berkeley, seit 2011 Catalan Institution for Research and Advances Studies Professor am Institute of Environmental Science and Technology der Autonomen Universität Barcelona. 2018 erschien sein Buch »Degrowth« in der »The Economy | Key Ideas«-Serie.

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