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mabuerele

Posted on 23.12.2021

„...Langsam spürte Spira, wie sie ein wenig Selbstvertrauen gewann. Sie sah sich nach Kedite um, der Priesterin, die offenbar einiges von Stierspringen verstand...“ Für Spira ist ein wichtiger Tag gekommen. Es steht die letzte Prüfung an, bevor ihre Ausbildung als Priesterin beginnt. Sie ist dementsprechend nervös. Wird ihr der Sprung über den Stier gelingen? Der Autor hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Er führt mich in die Welt des Minos von Kreta. Der Schriftstil passt zum Geschehen. Er hilft mir, in die fremde Welt einzutauchen. Was für Spira der schönste Tag ihres Lebens werden sollte, wird zu einer Enttäuschung. Zwar gelingt ihr der Stiersprung, aber ihre Ausbildung ist in weite Ferne gerückt. Ihr Vater gilt nach einem Schiffsunglück als verschollen. Ihre Mutter erkrankt. Ohne Geld aber wird sie nicht in die Reihe der Novizinnen aufgenommen. Bei einem Gespräch der Mädchen vor der Prüfung mit Anea, einer Priesterin, wird deutlich, welche Macht die auf Kreta hatten. „...“Hast du schon einmal einen König zurechtgewiesen?“, fragte Mara dazwischen. „Dutzende Male. Ihr wisst ja: Erst muss der Mensch Klugheit lernen, dann Stärke und Mut.“...“ Spiro und ihre Schwester kommen bei Dosto, ihrem Onkel, unter, der sich mehr schlecht als recht um die Mädchen kümmert. Ein zufälliges Gespräch zwischen Spira und Leron sollte dem Leben der jungen Frau eine neue Richtung geben. Leron, Obmann der Kauffahrer und Fischer, nimmt Spira als Auszubildende, wie wir heute sagen würden, mit auf die Reise. Damit zeigt sich ein besonderes Merkmal des Lebens auf Kreta. Frauen konnte alles werden, auch Seemänner. Spiras Aufgabe ist es anfangs, sich mit um das Stapeln und Befestigen der Ladung zu kümmern. Hier zeigt sich schon die Intelligenz und gute Beobachtungsgabe der jungen Frau. Sie hat einen Blick für Schwachstellen. Gleichzeitig hofft sie, auf der Reise auf Spuren ihres Vaters zu stoßen. Übrigens ist Spira nicht die einzige Frau an Bord. Die ältere Thiaba erklärt ihr in einer ruhigen Stunde: „...“Eine Reise kann dich an viele Orte bringen, Spira“, sagte sie dann, und nach einer kleinen Pause: „Auch zu dir selbst.“...“ Apropos ruhige Stunde: Die gibt es kaum. Die Seefahrt bietet einiges an Überraschungen. Ein Sturm und eine durchgeschnittene Ankerkette sind nur zwei klitzekleine Beispiele. Auf der Reise entwickelt sich Spira zu einer selbstbewussten jungen Frau. Sie zeigt Geschick im Handel und beweist Durchsetzungsvermögen. Natürlich macht sie nicht alles richtig. Dabei bringt sie sich aus Unwissenheit oder Unachtsamkeit das eine oder andere Mal in Gefahr. Bei den Besuch der verschiedenen Inseln und dem Abstecher nach Ägypten lerne ich viel über den Handel der Zeit. Ausführlich wird berichtet, was Leron wo am besten verkaufen kann. Sehr gut gefällt mir, dass dies häufig auch gut begründet wird. Ich darf also mit Spira mit lernen. „...Unser Holz war zyprische Zeder, die gibt es bei uns reichlich. Hier wachsen aber keine Zedern. Das hier, was wir gerade laden, ist Ulmen- und Eschenholz, das bei uns sehr teure ist...“ Speziell in Ägypten wird Spira damit konfrontiert, das es nicht selbstverständlich ist, dass Frauen mitreden und allein durch die Stadt gehen dürfen. Schon zu Beginn des Buches wird klar, dass das Thema Menschenopfer in Kreta keines mehr ist. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es erlaubt mir den Blick in eine ferne Vergangenheit, die punktuell gar nicht so fern zu sein scheint.

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