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Posted on 22.8.2021

Man muss hier nach zweierlei Maß bewerten: System und Geschichte Inhaltserzählung: Ich sehnte mich zwar passiv nach dem Tod, doch ich legte mir keinen Tablettenvorrat an und abonnierte auch nicht den Newsletter der Hemlock Society, die für das Recht auf assistierten Selbstmord kämpfte. Ich hatte keinen Plan im Kopf, keine Methode, kein Datum. Aber ich spürte dieses Unbehagen, es pulsierte ständig im Hintergrund wie ein schmerzender Zahn. Dieser passive Wunsch, dass mich der Tod holt, fühlte sich nicht normal an. Irgendetwas an meinem Leben sorgte dafür, dass ich mich nach seinem Ende sehnte. Damals wusste ich nicht, dass es ein Wort gab, das mein Leiden genau beschrieb: Ich war einsam. (Seite 15/16) Bewertung: Ein sehr amerikanisches Buch von dem ersten Satz an, das mich mal mehr, mal weniger fesseln konnte. Es gibt einige große Zeitsprünge und Fehler, aber auch berührende Passagen. Eine ethisch fragwürdige Therapieart, die nicht für Traumapatienten geeignet ist, eher für leichte Alltagsprobleme. Ebenso ein fragwürdiger Therapeut, der eher als Sextherapeut erscheint als alles andere. Auch das System an sich ist sehr schockierend, ich musste oft an mich halten (in den Beitragen habe ich alles genau ausgeführt), weil vieles einfach nicht bloß anders ist, sondern sehr verwerflich - egal wo es stattfindet und mit wem! Christies Art, mit ihren Problemen und in der Gruppe umzugehen, erinnert sehr an Borderline-Persönlichkeiten. Sie sind sehr anstrengend zu therapieren. Ich habe ein Fachbuch dazu gelesen und die Therapeuten scheuen sich zuweilen, solche Patienten anzunehmen. Warum? Diese sind sehr ausfallend, laut und fordernd. Christie zeigt es sehr gut. Ich habe Erfahrungsberichte gelesen, wie Patienten die Ärzte an Wochenenden und Urlauben am Telefon zusammenbrüllen - ähnlich wie Christie. Und sie sind auch bekannt für ihre Abhängigkeit zu den Therapeuten. Die Abgrenzung fällt hier sehr schwer. Mich hat Christie unheimlich an die Borderline-Störung erinnert, und merkwürdigerweise wird das hier mit keinem Wort erwähnt. Dabei ist das viel besser zu diagnostizieren als einzelne Depressionen. Andererseits muss man auch schreiben, dass diese Patienten auch immer viel Aufmerksamkeit wegen ihres Verhalten bekommen. Das kennen wir selbst im Alltag: Derjenige, der am lautesten schreit und immer weint, der bekommt die meisten Blicke und Hilfen. Das zeigt sich auch bei Christie, wenn ich sie mit mir vergleiche, die eher still vor sich hinleidet und sich nicht traut, ihre Bedürfnisse laut kundzugeben. Wer aktiv einfordert, bekommt auch meistens. Und da stehen solche Verhaltensmuster hilfreich zur Seite. Ich finde das amerikanische Therapiesystem im Großen Ganzen, so wie das hier geschildert wurde, schlecht. Ich weiß ja nicht, ob das die Regel dort ist. Aber Christies Therapiegruppe und den Therapeuten finde ich in vielen unter aller Sau. Es ist nicht alles schlecht, die Flexibilität könnte Deutschland echt mal einführen. Das fehlt total. Hier passt das Bild mit dem Stock im Hintern gut. Da ist Amerika viel weiter. Aber ich bin mehr schockiert als neugierig von Christies Erzählung herausgegangen. Mich hat schon lange kein Buch mehr so geschockt, und das auf Dauerlauf! Für mich bleibt auch einiges ungeklärt, nicht nur wegen der großen Zeitsprünge und dem flotten Ende. Sondern auch wegen des Therapiesystems, das Christie erzählt. Ist das in Amerika so die Regel? Oder ist Dr. Rosen eine von wenigen? Auch die Frage nach der Berufsdeklarierung ist offen: Christie beschriebt Dr. Rosen als Psychotherapeut und Psychiater. Das verwirrt mich nach wie vor, denn in Deutschland gibt es diese Kombination nicht. Psychiater therapieren nicht und haben mehr mit Medizin als mit Psychologie zu tun. Ist das also auch in Amerika üblich? Auch die Leserunde hat das nicht geklärt, leider. Falls jemand da mehr weiß, bitte ich um Erleuchtung. Ich suche mich ja im Internet doof. Fazit: Für mich keine empfehlenswerte Therapie und auch kein empfehlenswerter Therapeut. Er ist trotz allem sympathisch beschrieben und ich musste manchmal über sein Verhalten schmunzeln. Auch wenn er viel unethisches tut und einiges bescheuertes und unwahres sagt, Tut und sagt er manches Mal etwas richtiges und wahres. Als Partner und Freund ist er mit Sicherheit wunderbar, da wäre ich auch dabei, aber als Psychotherapeut nicht mein Fall. Ich, wir alle, können das Buch auch nicht aus unserer Sicht bewerten wie wir andere Bücher bewerten können, da das hier eine ganz andere Gesellschaft ist. Ich kann ja nicht schreiben, das Buch gefällt mir nicht, wie das alles so stattfindet, deshalb vergebe ich nur 3 Sterne. Leider tun das viele Leser, nicht nur bei diesem Buch. Da hätte Christie ja lügen und extra für ausländische Leser die jeweiligen Sachlagen anpassen müssen. Das wäre ja keine Biografie, sondern ein fiktiver Roman geworden. Ich kann nur die ganze Form der angegeben Sachlagen beurteilen, gut oder schlecht finden. Daher vergebe ich auch 4 Sterne. Das Buch ist wirklich nicht für Leser außerhalb Amerikas gemacht. Die Methoden sind einfach zu kontrovers und der Schreibstil zu amerikanisch. Und die Leserschaft schmeißt leider das alles in einem Topf mit einer Biografie, die eben amerikanisch ist. Das Buch wird meiner Meinung nach hier nicht die gerechte Bewertung erhalten, die sie verdient. Man muss klar trennen können zwischen dem staatlichen System und einer wahren Erzählung. Ersteres erhält von mir 2 Sterne. Zweiteres 4 Sterne. Nur um das mal klarer Aufzuführen. Preislich finde ich das Buch zu teuer. Für 16,99 € bekommt man fast ein Hardcover. "Eine letzte Frage. Was passiert mit mir, wenn ich anfange, die Gruppe zu treffen?" "Alle Ihre Geheimnisse werden ans Licht kommen." (Seite 37) COVER/TITEL/AUFMACHUNG/MATERIAL ⭐⭐⭐⭐,🌠 AUSGABEN-FORMAT (REIHEN-/EINZEL-/HÖR-/LESEFORMAT) ⭐⭐⭐⭐⭐ GENRE (VOM VERLAG GESETZT) ⭐⭐⭐⭐⭐ VERLAGSPREIS (ZU TEUER/ANGEMESSEN/GÜNSTIG) ⭐⭐,🌠 GRUNDIDEE/THEMA ⭐⭐⭐⭐⭐ BERICHTESTIL ⭐⭐⭐⭐ HANDLUNG/VERLAUF ⭐⭐⭐ Mein herzlichster Dank geht an den Verlag für das Buch! Ich habe mich sehr darüber gefreut! Gelesen am 25. Juli 2021

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