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hermunduh

Posted on 29.11.2020

Folgt man in den sozialen Medien rechten Kampfsportgruppierungen bzw. nationalistischen und gewaltfixierten Hooligans, fällt immer wieder auf, dass sie sich auf den „Tag, der kommen wird“ berufen. Dieser Tag der Abrechnung mit dem von ihnen verhassten „System“ ist Teil ihres tönenden Mantras, um die Truppen beisammen und bei Laune zu halten. Mehr als zehntausend Extremisten trainieren europaweit stoisch auf diesen Tag hin, zehntausende Sympathisanten supporten die Szene. Der Soziologe Robert Claus forscht und publiziert zu den Themen rechte Kampfsportgruppen und Hooliganismus. Seit 2015 arbeitet er bei der „Kompetenzgruppe Fankulturen und Sport bezogene Soziale Arbeit". Im Herbst ist im Verlag Die Werkstatt sein neues Buch über die rechtsextreme Kampfsportszene erschienen. Robert Claus formuliert seine aktuellen Erkenntnisse zur Professionalisierung der körperlichen Gewalt. Dazu untersuchte er u.a. europaweit stattfindenden Kampfsportevents der MMA-Szene (Mixed Martial Arts). Seine Texte klären uns über das stetig wachsende internationale Kampfsport-Netzwerk martialischer Nazis auf. Die Szene ist besten vernetzt. Die Wege zu rechten Hooligangruppen und Securityfirmen und andere Nazinetzwerke sind kurz. Claus hat teilweise Kampfsportevents besucht und sprach mit Beteiligten, Aussteigern, Polizisten, Journalisten, Opfern und Politikern. Er hat brisantes und für ihn nicht ungefährliches Material zusammengetragen, das insbesondere die hervorragende Vernetzung der Szene wiedergibt. Er beschreibt detailliert, wie beispielsweise der europaweit durchgeführte „Kampf der Nibelungen“ über die Bühne geht, ein Event wo sich rechtsextreme Kampfsportel und ihre Fans treffen. Dort geht es auch um viel Geld, Eintrittskarten kosten zwischen 35 und 45 Euro, dazu kommen Merchandise-Artikel. Der Kampfsport wird als Waffe benutzt, Neonazis lernen durch Kampfsport, wie sie kompetent und effizient mit Gewalt umgehen können. Diese Techniken wenden sie später im Straßenkampf an, wie die Bilder von der letzten Querdenkerdemo Anfang November in Leipzig beweisen, als erkennbar gewaltbereite Hooligans, die in zu geringer Zahl anwesende Polizei vor sich hertrieb. Diese Leute sind sich ihrer zunehmenden Macht bewusst und nutzen offensiv jede sich bietende Gelegenheit, um sich öffentlichkeitswirksam zu zeigen. Laut Erkenntnisse deutscher Sicherheitsbehörden sollen im Donbass ca. 150 deutsche Neonazis für das Regiment Asow (eins von a. 80 Freiwillgenbataillonen im Bürgerkrieg im Ukrainekonflikt, das dem ukrainischen Innenministerium untersteht) gekämpft haben. Das Netz wächst und wächst, die davon ausgehende Gefahr für unsere Demokratie darf nicht unterschätzt werden. Robert Claus Buch ist Warnung und gleichermaßen Aufforderung, sich deutlich gegen die Nazistrukturen zu stellen. Das Aufkeimen rechter Strukturen geht uns alle an, hier ist Bürgersinn und Aufmerksamkeit gefragt, um dem Nazispuk die klare Kante zu zeigen. Das dürfen wir nicht allein dem Staat und seinen Sicherheitsorganen überlassen. Die deutsche Polizei bewies jüngst großflächig, dass ein Teil ihrer Belegschaft mit rechtsextremen Gruppen sympathisiert und deren abscheuliche Propaganda teilt. Claus geht in seinem spannenden Buch voran, wir müssen den Staffelstab übernehmen.

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