Profilbild von bookish.yvonne

bookish.yvonne

Posted on 10.9.2020

Ich hätte wissen müssen, dass das Buch nicht gut ist, wenn ein Schauspielername um ein vielfaches größer gedruckt ist als der Name der Autorin. Ich bin so unfassbar wütend, dass mein Bruder ausgerechnet das hier in der Schule lesen musste, wenn es doch so viele andere gute Alternativen gibt. Aber alles der Reihe nach. Und kleine Warnung, je länger ihr das lest, desto… unsachlicher werde ich. Konnte einfach nicht anders. “Der Club der toten Dichter” erschien zuerst als Film und Nancy H. Kleinmann nutzte das Drehbuch, um daraus einen Roman zu machen. Den Film habe ich nicht gesehen, dementsprechend weiß ich nicht, was es da für Unterschiede gibt. Vier Jungs besuchen das reine Jungsinternat Welton, wo die Leitideen “Tradition, Ehre, Disziplin, Leistung” lauten und die Schüler das auch zu spüren bekommen. Alle vier stehen unter dem großen Druck der Eltern und der Schule. Insbesondere Todd Anderson, der im Schatten seines älteren Bruders steht. Welton hat John Keating, der selbst ein Absolvent des Weltons war, als neuen Englischlehrer eingestellt. Die Schüler finden heraus, dass Keating dem “Club der toten Dichter” angehörte und lassen diesen wiederaufleben - ein Geheimbund, in dem sie frei von Zwängen und Erwartungen ihren Gefühlen freien Lauf lassen können. Keating ermutigt seine Schüler jeden einzelnen Tag ihres Lebens zu nutzen, ganz nach dem Motto “Carpe Diem!” Dies führt allerdings zu Auseinandersetzungen mit der Schulleitung, da die vier Protagonisten anfangen ihren strikten Gehorsam infrage zu stellen. Nachdem ihr bis hierhin gelesen habt, denkt ihr wahrscheinlich, “So schlimm klingt das doch gar nicht! Was hat die denn?” Das zentrale Thema des Buchs finde ich ja auch gut! Denn es handelt von dem Konflikt zwischen der konservativen Schulleitung und den nach Selbstentfaltung strebenden Jungs. Allerdings war ich einfach nur noch genervt, als die ersten weiblichen Charaktere zu den Jungs stießen. Alter Falter, die waren nur am Kichern und sind wortwörtlich dem einen Jungen um den Hals gefallen, weil er ein Gedicht rezitiert hat… Und die Mädchen waren wohl um die 20 (man weiß es nicht) und die Jungs 16? Aber darüber hätte ich ja noch hinwegsehen können (auch wenn das pädophile Züge hat, aber die Autorin hat das genaue Alter der Mädchen/Frauen nicht preisgegeben). [T R I G G E R W A R N U N G: Sexuelle Belästigung]] Das Schlimmste war, dass einer der Jungs, Knox Overstreet, ein Mädchen während einer Party sexuell belästigte. Sie hat mit ihrem Freund im Dunkeln herumgemacht und dachte die Hände, die sie berührten, wären die ihres Freundes. Knox war sich dessen bewusst und hat das voll ausgenutzt. Er wurde erwischt und der Freund hat Knox eine heruntergehauen. (Gut so!) Er entschuldigt sich und sagt dem Mädchen wie sehr er sie doch liebt (und das, nachdem er sie nur einmal gesehen hat...) Entschuldigt meine Wortwahl, aber was soll denn der Scheiß? Die Autorin schreibt die Szene nämlich so, sodass man mit Knox Mitleid haben sollte, denn er ist doch ach so schwer verliebt und kann sich einfach nicht kontrollieren. Irgendwann sucht er sie auch noch bei ihrer Schule auf und stürmt in ihren Unterricht, um (Achtung: Sarkasmus) ganz romantisch ein Gedicht vorzutragen, das er ihr geschrieben hat. Sie schämt sich zu Grund und Boden und stellt ihn später zur Rede und versucht ihm klar zu machen, dass er das alles lassen soll und dass sie verdammt nochmal einen Freund hat! Man könnte nun meinen, dass Knox das kapiert hat, aber NEIN! Genau dieses kleine Wort will unser Knox einfach nicht akzeptieren. Und wisst ihr was? Gleich kocht euer Blut, denn natürlich! Natürlich lässt sich das Mädchen breitschlagen, denn er verspricht ihr, dass er sie nach dem einen Date nie wieder belästigen wird, was sie ja noch nicht einmal selbst glaubt! Holla, die Waldfee, was für eine Message wird denn da vermittelt?! Bedrängt das Mädchen einfach so lange bis es “ja” sagt. Toll! Und das wird in Schulen gelesen! Und der größte Ich-kann-es-echt-nicht-fassen-aber-natürlich-musste-das-auch-noch-kommen-Moment war, dass sich das Mädchen selbstverständlich auch in Knox verliebt! Hallo?! Die betrügt ihren Freund und auch das wird mit keinem weiteren Wort erwähnt. Ich könnte kotzen. Widerwärtig finde ich so etwas. Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn es solche Szenen gibt, aber dann soll der/die Autor*in uns Leser*innen gefälligst nicht das Gefühl vermitteln, dass wir mit dem Täter Mitleid haben sollen. Knox wurde ja noch nicht einmal wie Joe aus der Netflix-Serie “You” als Psychopath dargestellt. Den einen Stern kriegt das Buch für die Hauptthematik, aber diese Knox-Szenen (hat man’s gemerkt?) hat das alles für mich kaputt gemacht.

zurück nach oben