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phantastische_fluchten

Posted on 23.5.2020

Madeleine Maxwell ist der Schrecken der Schule. Sie ist eine Außenseiterin, eine Einzelgängerin und stiftet nicht als Unruhe. Ihr rebellischer Charakter und ihr stetiger Ungehorsam lassen vermuten, dass sie keine große Zukunft vor sich hat. Als sie wieder einmal vor der Direktorin erscheinen muss, ist sich das Mädchen sicher, von der Schule zu fliegen. Aber Mrs. De Winter erkennt das Potenzial der kleinen Rebellin und stellt sie vor neue Herausforderungen. Damit weckt sie das Interesse des Mädchens an Geschichte und Archäologie. Daher ist es kein Wunder, dass Madeleine später Archäologie studiert. Zehn Jahre später ist es wieder Mrs. De Winter, die Madeleine, einen neuen Weg weist. Sie fordert ihre ehemalige Schülerin auf, sich am St. Mary's Institut für historische Forschung zu bewerben. Die junge Frau erinnert sich noch gut an die Hilfe der ehemaligen Direktorin und daher nimmt sie ihren Vorschlag an und bewirbt sich am Institut. Nichtsahnend, was auf sie zukommt. Nach einem sehr ausführlichen und sehr unkonventionellem Vorstellungsgespräch ist die erste Hürde geschafft und Max wird angenommen. Die Ausbilddung ist hart, von zehn Anwärtern schaffen durchschnittlich nur drei den Abschluss und werden Historiker. Historiker, die nun die Möglichkeit haben, echte Feldforschung zu betreiben. Denn hinter der Fassade des unscheinbaren Instituts verbirgt sich Außergewöhnliches: Zeitreisen! Kommentar: Meine Freundin und ich haben oft den gleichen Geschmack, was Bücher anbetrifft. Dieses hier hat sie allerdings abgebrochen mit dem Vermerk: " Ich bin einfach nicht reingekommen". Ich kann das durchaus nachvollziehen. Denn zu Beginn ist es schon etwas schwierig zu lesen. Madeleine "Max" Maxwell erzählt die Geschichte aus ihrer Sicht und sie ist kein einfacher Charakter. Am Anfang wirkt alles etwas ausschweifend, ihre defätistische Art nervt und macht es schwierig sie zu mögen. Nach und nach jedoch liest sich die Geschichte flüssiger. Die Ausbildung ist sehr hart, entspricht aber genau dem Naturell der jungen Frau. Eigeninitiative, Mut und Kreativität bei der Ausführung eines Auftrags sind hier Grundvoraussetzung um zu überleben. Max, die nie eine Familie und nie ein Zuhause hatte, ist endlich angekommen. Hier ist der Platz, von dem sie immer geträumt hat. Die Zeitsprünge sind perfekt organisiert. Am Institut sind Schneiderinnen beschäftigt, die für die passenden Kostüme sorgen. Es gibt Ärzte, Techniker, Professoren, Geologen und Köche. Jeder Historiker muss sich für zwei Zeitepochen entscheiden, auf die er sich spezialisiert. Momentan gibt es nur sehr wenige Historiker am Institut. Die Ausbildung bestehen nur sehr wenige und die Verlustquote bei den Zeitsprüngen ist leider sehr hoch. Als Max ihren ersten Zeitsprung durchführen darf, ist der Leser genauso aufgeregt wie sie. Trotz sorgfältiger Planung geht immer etwas schief und Max ist ein Magnet für Katastrophen. Bei dem ersten Sprung erweist es sich, wer aus welchem Holz geschnitzt ist. Obwohl die Regel gilt: Niemals eingreifen und interagieren und immer sofort zurück zum Pod ( eine Art Zeitkapsel), können die Reisenden im Angesicht des Grauens, welches sie im ersten Weltkrieg erleben, nicht einfach wegsehen. Nur Sussmann, der zukünftige Partner von Max, rettet sich zum Pod und lässt die Menschen um sich herum sterben. Obwohl er sich als einziger absolut korrekt und den Anweisungen entsprechend verhalten hat, werfen ihm seine KollegeInnen Feigheit und Unmenschlichkeit vor. Hier stellt sich für den Leser die Frage was wichtiger ist. Die Mission zu schützen und vermeiden, dass man erkannt wird? Oder dass man Menschen, die in Not sind, entgegen aller Befehle, hilft und sie rettet? Greift man damit in die Geschichte ein? Verändert man sie? Es wird hier erklärt, dass sich die Geschichte selber hilft und alle Einflüsse, die sie verändern könnte, einfach nicht zulässt. Eine einfaches und durchaus logisches Konzept. Waren die Reisenden also im ersten Weltkrieg wirklich dort und haben Menschen gerettet? Es mag verwirrend erscheinen aber ich finde, dass die Reisen hier sehr verständlich und logisch erklärt sind. Ohne viel Technik blabla, dem ein Leser eh nicht folgen kann. Natürlich kann so ein Roman nicht ohne Bösewichter auskommen, welche die Schätze der Vergangenheit stehlen und für unermessliche Summen verkaufen. Es werden Dinosaurier Jagden angeboten oder Reisen an jeden beliebigen Ort. Max und ihre Kollegen versuchen, diesen Verbrechern das Handwerk zu legen aber diese sind ihnen immer einen Schritt voraus. Das lässt vermuten, dass es am Institut einen Verräter gibt. So schwer der Einstieg zu Beginn war, so schwer war es nachher, das Buch aus der Hand zu legen, ab dem zweiten Drittel ist die Handlung an Spannung kaum noch zu überbieten. Max wird selbstbewusster und das drückt sich auch in ihrer Erzählweise aus. Die Geschichte liest sich wesentlich flüssiger als zu Beginn. Sie behält zwar ihre flapsige Art bei aber die Sicherheit des Instituts gibt ihr Halt und ihr Kollegen und Kolleginnen werden enge Freunde, mit denen sie jede Stunde verbringt. Natürlich bleibt eine Liebesbeziehung nicht aus aber die Autorin verzichtet auf kitschiges Liebesgeseufze, was auch gar nicht zu der taffen jungen Frau passen würde. Was ich hier wirklich kritisieren muss, ist der Titel des Buches. Im Original heißt es "just one damned thing after another." Wie man auf "Miss Maxwells kurioses Zeitarchiv" kommt ist mir unbegreiflich. Er passt in keinster Weise zu dieser Geschichte, denn es handelt sich keineswegs um ein Zeitarchiv. Der Titel ist Blödsinn und verprellt sicher Leser, die Spaß an Zeitreiseromamen haben. Ich habe vor diesem Buch die "Zeitagenten" des Autors Joachim Sohn gelesen, dessen Titel viel aussagekräftiger und prägnanter ist. Das Cover spricht sicher eher Leserinnen an, was wohl auch beabsichtigt ist. Auf dem Cover steht: Viel Humor, viel Action und sogar ein Hauch von Romantik." Das ist eine sehr zutreffende Beschreibung. Hier noch ein kleines Zitat von Seite 463 ( es handelt sich um die Vorbereitung zu einer Reise nach Alexandria und es geht um die Herstellung von Pech) "Verrate mir eines Andrew, wie viel Hasenscheiße genau wird deiner Meinung nach in der Stadt verfügbar sein? In Ägypten? In der Hitze? In der Wüste? Ich sag dir eines: Du verschwendest deine Zeit. Kuh-, Kamel- oder Eseldung ist der richtige Weg. Es gibt jede Menge davon und die Ausscheidungen sind auch viel größer. Hast du dir schon einmal ernsthaft überlegt, wie viele kleine Hasenköttel du brauchst, damit es einem durchschnittlichen Kuhfladen entspricht?" "Nun, das sollte leicht zu berechnen sein, sagen wir, zwischen siebzig und hundert Köttel kommen auf einen Fladen...." Es ist eben nichts normal an diesem Institut. Fazit: Nach einen etwas zähem Beginn steigert sich die Geschichte von Seite zu Seite und zieht den Leser in ihren Bann. Max und ihre Kollegen sind interessante Charaktere, die nicht der Norm entsprechen. Was bei diesem Beruf auch nicht zu erwarten ist. Also nicht von diesem unangebrachten Titel abschrecken lassen, die ersten Kapitel überstehen und los geht die Zeitreise.

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