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Babscha

Posted on 2.3.2020

Die Story: Nachdem er mit Hilfe von Verwandten den Weg vor Ort einige Jahre bereitet hat, holt Jende Jonda seine Frau Neni und ihren gemeinsamen Sohn Liomi aus der beschränkten Welt einer Hafenstadt in Kamerun nach ins gelobte Amerika, namentlich nach New York City, immer schon das Einfallstor hoffnungsvoller Migranten, die sich dort ein besseres Leben und sozialen Aufstieg erhoffen. Das Land, wo es jeder schaffen kann, wenn er nur hart genug arbeitet. So der leicht überkommene Glaube. Am Willen hierzu mangelt es den Jondas auch gewiss nicht. Zunächst läuft alles nach Plan. Jende ergattert einen Chauffeurjob bei dem Wall-Street-Banker Clark Edwards und seine Frau beisst bis zur Geburt des zweiten Kindes in einem Altenpflegejob auf die Zähne, voller Hoffnung, ihr parallel laufendes Studium irgendwann mit dem Abschluss Pharmazie beenden und dann in Amerika gutes Geld verdienen zu können. Trotz des sozialen Gefälles zwischen der abgehobenen Upperclassfamilie und den verbissen aufstrebenden afrikanischen Neuankömmlingen entwickelt sich zwischen ihnen zunächst ein vertrauensvolles gutes Verhältnis, das hoffen lässt. Alles verändert sich mit der großen Bankenkrise in 2008, als Edwards Arbeitgeber pleite geht und damit das ganze Gebilde ins Wanken gerät, bei den Edwards zusätzlich belastet durch massive Eheprobleme, auf Seiten der Jondas durch plötzlich fehlende Einkünfte, wegbrechende Zukunftsperspektiven und dadurch sich immer weiter potenzierende Spannungen auch in ihrer Familie. Meine Meinung: Die Autorin stammt selbst aus der im Buch beschriebenen kamerunischen Hafenstadt und lebt seit einigen Jahren in New York, womit in dem Roman wohl einiges an autobiographischen Erfahrungen verarbeitet sein dürfte. Der Schreibstil ihres Erstlingswerks ist überzeugend, ansprechend und gut leserlich. Die story um die mit aller Macht, so verbissen wie auch naiv agierenden Jondas ist interessant und, gerade wenn man sich mit der amerikanischen Mentalität und den dortigen juristischen Grundlagen und Haltungen zu "internationalen" Einwanderern ein wenig im Detail befasst hat, hier glaubhaft und nachvollziehbar umgesetzt. Die einzelnen Charaktere sind auf Seiten der Edwards erwartungsgemäß stereotyp. Er der gestresste hardworking-Banker, sie die gelangweilte, leicht degenerierte Upper-East-Lady mit Selbstfindungsproblemen. Da fehlt dann immer nur noch der kleine Funke, der diese explosive Mischung hochgehen lässt. Auf der anderen und eigentlich interessanteren Seite der Jondas die Portraits zweier von ihrer afrikanischen Herkunft geprägten und sich dadurch im Land der Freien immer wieder selbst behindernden Menschen, die sich in ihren Anfang des neuen Jahrtausends bereits eher verblendeten Traum vom tollen sicheren Sozialaufstieg im sagenhaften Amerika verbeißen und verlieren. Er dabei ein intellektuell eher eingeschränkter Charakter mit ausgeprägtem Gefühl für Anstand, familäre Fürsorge und Ehre, sie eine Frau, die sich bei Bedarf auch verbiegt, bereit ist, für ihre Ziele alles zu investieren, notfalls mit dem Kopf durch die Wand, und dabei auch nicht vor abstrus-abwegigen Überlegungen und Taten zurück schreckt. Dies als tragende Grundlage des Buches in Verbindung mit der später immer weiter eskalierenden Gesamtsituation hält den Leser bei der Stange; hier möchte man wirklich wissen, wie es am Ende denn ausgeht. Dass Mbue zuletzt doch noch alles irgendwie verquast und weichspült, kostet für mich zwar einen Stern und stellt nicht so ganz zufrieden. Abgesehen davon aber ein lesenswertes, gut recherchiertes und äußerst realitätsnahes Buch. Als Gesamtpaket durchaus eine Leseempfehlung

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