Marcus Jordan
Grandioser und durchaus fordernder Familienroman Vor den angekündigten 2 weiteren Teilen habe ich schon etwas Respekt. Aber nur her damit! An diesem Teil habe ich jetzt fast einen Monat gelesen. Von Anfang etwas angestrengt von dem manchmal etwas sperrigen Stil (auf Englisch wirklich sehr fordernd) und auch von der bedeutungschwangeren, klebrigen, immer etwas beklemmenden und bis zuletzt omnipräsenten Gott-Debatte. Aber auch von Anfang begeistert von der Genauigkeit und Empathie mit der Franzen seine Figuren zeichnet - er ist ein Meister dieser Kunst. Mich beeindruckt das immer wieder ganz besonders, wenn man mich mitnimmt auf solch schlüssige Seelenreisen in so völlig unterschiedliche, unendlich von mir entfernte Figuren und wie sie sich berühren und abstoßen und man sich dann doch immer wieder selbst findet in ihnen. Es ist ein richtiges Privileg solche Bücher zu lesen. Als wäre man unsichtbarer Beobachter in stundenlangen Psychoanalyse-Sitzungen. Fast folgerichtig ist dann auch der stärkste Part für mich tatsächlich die Schilderung einer solchen Sitzung der Mutter beim "shrink", in der man ihrer Lebensbeichte beiwohnt und gewissermaßen auch in die Rolle der Therapeutin versetzt wird. Sich fragt, wie man selber reagiert hätte, nachgefragt hätte. Alleine diese Szene hatte gefühlte Romanlänge. Gott scheint mir wirklich eine Pein und eine Lebensproblematik des Autors zu sein. Das Buch, die Geschichte ist wie getrieben von religiösem Anspruch, von Sühne, Sünde, Schuld, Vergebung und Vertrauen. Ein fundamentaler Vater, eine in Gott gerettete Mutter, eine Tochter, die beim Kiffen Jesus begegnet, ein atheistischer Sohn, ein genialer, drogensüchtiger Sohn. Alle gleich zerrissen letztlich, durchs Leben gewatscht, egal ob oder wie sie dabei mit Gott interagieren. Mir bis zum Ende unklar, ob und welchen Gottes-Zweck sozusagen Franzen selber beabsichtigt. Gott ist absurd in diesem Buch und drohend und beklemmend, aber dann rettet er wieder den einen und die andere und hilft den nächsten, sich auf sich selbst zu besinnen. Mir hat es letztlich glaube ich Bestätigung gegeben in meinem Ansatz, mich nicht systematischen, traditionellen, spirituellen Konzepten zu öffnen. Am Ende geht es doch immer um Menschen, die es "hier" nicht geregelt kriegen, die die Unklarheit nicht ertragen, die sich ohnmächtig fühlen und dementsprechend eben auf anderen Ebenen nach Lösungen suchen. Vermutlich ein Privileg, wenn man das nicht braucht. Fragezeichen. Irgendwo im Buch fragt ein Mann in einem Gleichnis Jesus, wie er das Reich Gottes erlangt oder so ähnlich. Jesus sagt: verschenk dein Geld. Für mich zentral: denn es geht eben ums hier. Was anderes haben wir nicht. Meine Rezension ist letztlich so ratlos wie mich das Buch hinterlässt. Und trotzdem fand ich es großartig. ist doch auch mal was.