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gachmuret

Posted on 4.11.2021

Esther bricht am Tag vor HeiligAbend auf, um ihre Schwester Sue zu besuchen, die in einem abgelegenen Haus irgendwo mitten im Wald wohnt. Dabei hat sie eine Flasche Wein und ein Buchgeschenk. Das könnte der Auftakt zu einem idyllischen Weihnachtsroman sein. In diesem Thriller ist allerdings rein gar nichts idyllisch. Stattdessen entspinnt sich ein Psychodrama, in dem die beiden Schwestern um die Deutungshoheit über Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart ringen. In einem atemberaubenden Zweikampf entspinnt sich in dem Haus im Wald ein wendungsreicher Kampf, in dem Esthers Familie ebenso zum Spielball wird wie die Erinnerungen an die gemeinsame Kindheit und Jugend. Judith Merchant wechselt dabei immer wieder die Perspektive, so dass ein- und dasselbe Ereignis aus der Sicht von Sue, Esther und später auch deren Ehemann Martin geschildert wird. Diese Vielschichtigkeit lässt lange im Ungewissen, was denn wohl »die Wahrheit« (gibt es die überhaupt?) sein könnte, wer hier eigentlich wen kontrolliert, wer Opfer und wer Täter ist. Gerade diese hervorragend gestaltete Mehrstimmigkeit macht den nur oberflächlich ereignisarmen Roman unglaublich spannend. Ein faszinierender Zweikampf einer toxischen Geschwisterbeziehung: So geht Psychothriller.

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