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Bris Buchstoff

Posted on 17.8.2021

Gleich vorweg – ich mag das, was Sophie Passmann so im Allgemeinen macht. Ich folge ihr auf Instagram und finde vieles, was sie dort so treibt sehr witzig, klug und wichtig, anderes wiederum interessiert mich halt nicht, weil ich wahrscheinlich nicht die Zielgruppe bin. Ihren Beitrag zur Kiwi Musikbibliothek fand ich überraschend, sehr offen und mutig, er hat mich erreicht, obwohl ich Frank Ocean weder vor noch nach der Lektüre viel abgewinnen konnte. „Alte weisse Männer – Ein Schlichtungsversuch“ hingegen fand ich im Ansatz großartig, in der Ausführung aber etwas mau, was aber wahrscheinlich schon alleine wegen des Untertitels gar nicht anders umzusetzen war. Kurzum – ich stehe durchaus sehr ambivalent zu Passmanns Texten und das ist, wie ich in den letzten Jahren gelernt habe, nicht das Schlechteste, da ich mich mit solchen Texten häufig länger und eingehender beschäftige, als mit Texten, die ich eingängiger wahrnehme. Deshalb habe ich mich auch erst einmal unvoreingenommen auf „Komplett Gänsehaut“ gefreut, auch wenn mir mittlerweile klar war, dass ich mit gewissen Stilmitteln, auf die die sogenannten Millenials in ihrem tun zurückgreifen, nicht klar komme … Anfänglich war die Leküre erfrischend, unterhaltsam und offensichtlich am Puls der Zeit- genauso wie die äußere Aufmachung des Buches. Schrift, Coverbild und der gelbe Schnitt ließen mich unentschieden, ob ich die Gestaltung eher unschön, nur ein bisschen schräg oder einfach mega cool finden sollte. Im Grunde habe ich mich dann für letzteres entschieden. Nicht nur, weil es im Regal neben Nagelschmidts „Arbeit“ einfach eine gute Figur machte. Doch schon relativ bald legte ich das Buch immer häufiger zur Seite. Passmanns Stil, ihre Generation und deren Lebensrealitäten nachzuzeichnen, indem sie sich selbst wie durchs Brennglas beobachtete und die eigenen Erfahrungen auf eine ganze Generation umzuheben und dies auch noch gesellschaftlich zu verorten, ließ recht schnell das Gefühl aufkommen, ich sei in eine Leseschleife geraten. Passmann lebt in Berlin. Dort wähnt sie sich einer Mittelschicht anzugehören, die sie scheinbar nicht wirklich kennt. Dass sie in vieler Hinsicht privilegiert lebt, ist ihr sehr bewusst. Diese Privilegien bzw. das Klagen darüber, dass man es sich doch recht schnell recht bequem machen kann damit, ohne es wirklich zu wollen oder zu wissen, wie man dort hingekommen ist, bilden sogar den Kern des Buches. Und das entpuppte sich für mich als das Problem bei der Lektüre. Obwohl ich tatsächlich daran interessiert bin, die Gedankenwelt der sogenannten Millenials kennzulernen, haben mich Passmanns Ausführungen dazu einfach nicht interessiert. Das liegt sicherlich nicht an ihrer Art zu schreiben – das kann sie zweifellos. Ich verstehe nur einafch nie, ob etwas in diesem Text erst oder ironisch gemeint ist. Ein Problem, das ich immer häufiger habe und das in diesem Fall dazu geführt hat, dass ich ab circa dem ersten Drittel des Buches nur noch quergelesen habe. Also eigenltich auch keine konkrete Aussage über das Buch in Gänze treffen kann. Tatsächlich aber hätte ich eines wirklich sehr gerne: die auf dem Cover abgebildete Disco-Kugel. Erinnert sie mich doch an ein Exemplar dieser Gattung, das ich, als unsere Stammdisse, die in einem Wohngebiet der Nürnberger Südstadt gelegen, schließen musste, weil die Anwohner sich davon gestört fühlten, wenn wir uns auf den Heimweg machten, dem Personal ganz legal abgeschwatzt habe, um sie einer Freundin zum Geburtstag zu schenken. Wenn ich daran denke, dann bekomme ich Gänsehaut. Ob die Discokugel auf dem Cover hingegen eine Geschichte aus dem Buch repräsentiert, werde ich vermutlich nicht mehr erfahren. Ihr solltet euch aber bei Neigung auf jeden Fall ein eigenes Bild von Passmanns Essay machen. Es kommt bei vielen Leser*innen sehr gut an.

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