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Sarah Jørgensen

Posted on 27.1.2021

In den Debütroman "Mein Bruder" der Schwedin Karin Smirnoff aus dem Hanser Berlin Verlag, übersetzt von Ursel Allenstein, bin ich zunächst ein wenig rein geholpert, ehe ich mich in der rhythmischen Sprache und dem Verzicht auf Interpunktionen abseits von Punkten einfand sowie weiteren sprachlichen Eigenheiten, zB den zusammengeschriebenen Eigennamen wie im Falle der Erzählerin JanaKippo. Bis mich plötzlich auf seltsame und unergründliche Weise ebendiese Klarheit immer tiefer in die Geschichte zog und nicht mehr losließ. Und obwohl Erzählerin, Geschichte und Sprache immer mehr miteinander verschmelzen, liest es sich auf einmal ganz leicht, als würde man getragen werden. Die Handlung spielt im fiktiven nordschwedischen Ort Smalånger, dem Kindheitsort von JanaKippo, an den sie zurückkehrt. Dort ist eigentlich alles wie immer, oder nicht? Vor den Augen der Leser*innen beginnt sich ein Familiendrama abzuspielen, das weit in die Vergangenheit zurückreicht und von all dem Elend und den Abscheulichkeiten des menschlichen Daseins berichtet. Die kurze, schnelle, fließende Sprache schafft Bilder der schwedischen Abgeschiedenheit und erzählt von Generationen-Traumata, Eltern, die diese auf ihre Kinder projizieren, familiärer Gewalt und Hilflosigkeit. Jana lässt sich von ihrem eigenen Trauma leiten, verfügt aber über die Stärke, es als solches anzuerkennen. Das Ende hinterließ eine Art Leere, es hat mich abrupt zurück in die Welt geworfen und so hoffe ich, dass die zwei weiteren - in Schweden bereits veröffentlichten - Bücher um Jana auch hier erscheinen.

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