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Matzbach

Posted on 16.7.2020

Ariel Spiro kommt als neues Mitglied der Mordkommission aus der Provinzstadt Wittenberge, mit Vorschusslorbeeren nach einem spektakulärem Fahndungserfolg bedacht, in die Reichshauptstadt Berlin. Kaum am Bahnhof angekommen, erwartet ihn schon der erste Mordfall. Ein jüdischer Bankier wird erschlagen in einem Treppenhaus aufgefunden. die Tatwaffe wird zwar nicht gefunden, aber Farbspuren weisen auf das Muster schwarz-weiß-rot hin, die alten reichsfarben. Ist der Bankier damit Opfer einer rechtsnationalistischen Gruppe? Spiro und seine neuen Kollegen, unter dem Druck der Tagespresse stehend, die nach schnellen erfolgen verlangt, ermitteln aber auch im persönlichen Umfeld des Ermordeten, der offensichtlich ein Doppelleben mit seiner christlichen Geliebten geführt hat, das ihm alles ermöglichte, was ihm sein Judentum aus religiösen Gründen verwehrte. Spiro begeht dabei den Fehler, die Tochter des Opfers all zu nah an sich heranzulassen, was ihn in Bedrängnis bringt, als es Hinweise darauf gibt, dass ihr Bruder der Täter sein könnte. Doch bis zur Aufklärung des Falles stehen Spiro noch weitere Hürden im Weg. Kerstin Ehmers erster Kriminalroman überzeugt und macht grundsätzlich Lust auf mehr. Die Darstellung des Hexenkessel Berlin mit all seinen Facetten ist ihr gut gelungen, der Protagonist ist ein sympathischer Kerl, dem man trotz mancher Tollpatschigkeit nur gutes wünscht. Was meinen - zugegeben subjektiven - Leseeindruck etwas trübt, ist die Tatsache, dass der Roman im Präsens geschrieben ist, etwas, was ich grundsätzlich nicht sehr mag. Die Tatsache, dass ich ihn trotzdem weitergelesen habe, sollte verdeutlichen, dass er inhaltlich überzeugt. Kleine Beckmesserei am Rande: Im Lauf der Ermittlungen stoßen die Polizisten auf die "Schwarze Wehrmacht", etwas, das es zum Zeitpunkt des Geschehens noch gar nicht geben konnte, da die Wehrmacht ein Produkt des Dritten reiches ist. Tatsächlich gab es in den frühen Zwanzigern die sogenannte "Schwarze Reichswehr", den Versuch, mit illegalen Truppen und Waffen die Abrüstungsbestimmungen des Versailler Vertrags zu umgehen.

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