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Schattenwege

Posted on 12.7.2020

In "Der Winterkaiser" schafft die Autorin Sarah Monette unter dem Pseudonym Katherine Addison eine umfangreiche Welt, in die man nur schwer richtig einzutauchen vermag. Doch wenn das erst einmal gelungen ist, kann man sich nicht so leicht wieder aus ihr lösen. Gemeinsam mit Maia lernt der Leser die Gepflogenheiten am kaiserlichen Hof kennen, springt mit ihm zusammen in diverse Fettnäpfchen, sucht Vertraute und entdeckt Feinde und gewöhnt sich allmählich an die Aufgaben eines Elfenkaisers. All das ist sehr komplex und wird durch komplizierte Namen noch zusätzlich aufgebauscht, sodass man teilweise sehr aufmerksam und konzentriert lesen muss, um tatsächlich in der Geschichte zu bleiben. Gerade weil am Hof eine sehr hohe Anzahl von verschiedenen Personen zugange ist, die allerdings oft ähnlich klingende Namen haben – da kann man schon mal durcheinander kommen. Zum Glück gibt es im Anhang einen Index mit Namen und Funktionen, welcher allerdings mit Vorsicht zu genießen ist, da dort leichte Spoiler enthalten sind. Abgesehen von den komplizierten Namen gelingt es Katherine Addison in "Der Winterkaiser" jedoch recht gut, eine atmosphärische Geschichte aufzubauen und den Leser nach einigen Startschwierigkeiten zu fesseln. Den Leser erwarten allerdings keine heroischen Schlachten und auch keine besondere Magie, die Fantasy ist hier eher ruhig und zurückhaltend. Stattdessen wird man in die politischen Zusammenhänge von Städten und Ländern eingewiesen, erhält teilweise zu tiefe Einblicke in das Leben am kaiserlichen Hof und trifft auf eine gehobene, gewöhnungsbedürftige Sprache. Die erzählerische Kunst Addisons findet hier quasi im Verborgenen statt, denn erst nach und nach werden die Ränkespiele auch für den Leser deutlich und Intrigen aufgedeckt. Das erklärt auch, warum hier mit Federn auf Papier und nicht mit Schwertern auf staubigem Boden gekämpft wird. Alles dreht sich darum, die Fehler anderer aufzudecken und dabei selbst keine zu begehen, denn auch nur ein kleiner falscher Schritt kann den Untergang bedeutet – auch den des Kaisers, der niemals einer sein sollte und wollte. Man kann wohl sagen, dass "Der Winterkaiser" eine ruhige, aber anspruchsvolle Lektüre ist. Als Leser muss man sich dem Szenario gegenüber öffnen und darf nicht zu viel von der allseits bekannten Fantasy erwarten. Wer sich auf die ruhige, eher hinterlistige Geschichte einlässt, wird jedoch mit wunderbaren Lesestunden belohnt. Fazit: Wenn "Der Winterkaiser" eines definitiv nicht ist, dann ein klassisches Buch aus dem Fantasy-Genre. Katherine Addison verstrickt den Leser in ein scheinbar handlungsarmes, vielschichtiges Netz aus Intrigen, die erst dann zum Tragen kommen, wenn es fast schon zu spät ist. Ein Buch, das seine Zeit zum Warmwerden braucht, dann aber auf seine ganz eigene Art zu fesseln weiß. Wertung: 3,5 von 5 Sternen Handlung: 3 / 5 Charaktere: 4 / 5 Lesespaß: 3.5 / 5 Preis/Leistung: 4 / 5

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