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annamagareta

Posted on 3.5.2020

Bedrückend – einfühlsam – erschütternd „Die wir liebten“ ist ein eindrucksvoller Roman des Autors Willi Achten, den man nicht so leicht wieder vergisst. Die Brüder Edgar und Roman leben in den 1970-er Jahren in einem Dorf in Westdeutschland. Nachdem der Vater sich neu verliebt und die Familie verlässt, verfällt die Mutter immer mehr dem Alkohol. Das Jugendamt wird auf die Familie aufmerksam und die Brüder werden in ein nahegelegenes Heim – dem Gnadenhof - gebracht. Was sich zunächst nach einer guten Lösung anhört, stellt sich als ein Alptraum für Edgar und Roman heraus, aus dem sie nicht so leicht entfliehen können. Der Schreibstil von Willi Achten lässt sich leicht lesen, ist aber sehr eindringlich. Er beschreibt seine Charaktere authentisch und detailliert. Außerdem gelingt es ihm gut, den Zeitgeist der siebziger Jahre eingefangen und versetzt einen beim Lesen direkt einige Jahre zurück. Geschickt arbeitet er Politisches mit ein, ohne das es gewollt oder trocken wirkt, es fließt einfach am Rande mit ein und spiegelt so die damalige Gesellschaft wider. Während das Buch – das aus der Ich-Perspektive von Edgar erzählt wird – mit der traurigen Familiengeschichte der Brüder beginnt, entwickelt es sich zu einem erschütternden Gesellschaftportrait. Die Ereignisse sind bedrückend, man kaum glauben, wie weit die nationalsozialistische Vergangenheit auch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg im Leben der Menschen wiederzufinden war und dass so etwas hier vor wenigen Jahren noch möglich gewesen ist. Ein wirklich eindrucksvolles Buch, das mir bestimmt noch lange in Erinnerung bleiben wird.

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