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collectionofbookmarks

Posted on 26.4.2020

Unsere Reise beginnt im Jahre 1984 an der Seite von Holly Sykes, die in ihrer jugendlichen Naivität von zu Hause abhauen und bei ihrer ersten großen Liebe einziehen möchte. Doch das Leben unserer Protagonistin soll eine andere Richtung einschlagen, denn als sie eine alte, angelnde Frau kennenlernt, der sie unbeabsichtigt ein Versprechen gibt, trifft sie eine Entscheidung, deren Auswirkungen bis ins Jahr 2043 anhalten werden. Holly bildet dabei jedoch nur den Rahmen eines verworrenen Netzwerks aus Geschehnissen und Charakteren, welches durch seine Komplexität und seinem Ideenreichtum besticht. Mitchell gelingt dabei ein genialer Genremix aus Gesellschaftsroman, Fantasy und Dystopie, der mich vollkommen fasziniert hat.  Es ist ungewohnt, eine klare Hauptfigur zu haben, die in 75% des Romans nur eine immer wiederkehrende Nebenrolle spielt, doch Holly ist genau das. Während wir sie im ersten Kapitel noch durch ihre eigenen Augen betrachten, schlüpfen wir in den folgenden in die Köpfe anderer Personen (hauptsächlich Männer, die sie liebten) und erfahren so mehr über sie, aber eben auch über diese neuen Menschen und ihre Gedanken bis wir im letzten Part des Buches schlussendlich doch wieder bei Holly landen. Bemerkenswert ist dabei, dass alles irgendwie verbunden zu sein scheint, dass wir Personen begegnen, von denen wir in einem vorhergegangenen Kapitel nur kurz den Namen gelesen und fast schon wieder vergessen hätten, und das ganze Buch dadurch so unfassbar rund und gut durchdacht wirkt, dass es mich immer wieder zum Staunen brachte. Diese Tatsache war es auch, die mich oftmals an den "Wolkenatlas" denken ließ.   Noch begeisterter war ich eigentlich nur von den fantastischen und dystopischen Aspekten, die besonders in den letzten beiden Kapiteln ihren Platz fanden. Zum Fantasyanteil möchte ich jetzt nicht ganz so viel verraten, da das Selbstentdecken unglaublich viel Spaß macht, auch wenn man irgendwann von den vielen Informationen förmlich erdrückt wird. Zum dystopischen Teil kann ich jedoch sagen, dass es sehr spannend ist, während der sprunghaften Reise in die Zukunft, die gesellschaftliche, technische und ökologische Entwicklung zu verfolgen, die Mitchell sehr authentisch und bedrückend umschreibt. Seine Visionen sind gar nicht mal so weit weg von unserer derzeitigen Lage und können einem an manchen Stellen wahrlich Angst machen, weil sie eben so realistisch sind.

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