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DasIgno

Posted on 18.7.2019

Art Keller hat sich mit Marisol zur Ruhe gesetzt. Adán Barrera starb im Dschungel von Guatemala, damit endete sein privater Teil des Drogenkrieges. Doch der lässt ihn nicht los. Als Adáns Leiche gefunden wird und somit endgültig feststeht, dass das Sinaloa-Kartell kopflos ist, rückt die dritte Generation nach, um ihre Machtansprüche geltend zu machen. Der brüchige Frieden, für den Adáns Führung garantierte, löst sich in Luft auf, Mexiko wird wieder mit Blut getränkt. Unterdessen reaktivieren die USA Art und machen ihn zum Direktor der DEA. Er will die Strategie der Behörde umkrempeln, denn der bisherige Krieg gegen die Drogen muss als gescheitert angesehen werden. Doch das gestaltet sich in einer Zeit, in der neurechte Hardliner die mexikanische Grenze am liebsten abriegeln wollen, schwieriger denn je. Und ebendiese Hardliner schicken sich an, das Weiße Haus zu übernehmen. ›Jahre des Jägers‹ ist der dritte und letzte Teil in Don Winslows Trilogie über den US-amerikanischen Krieg gegen die Drogen. Das Buch erschien 2019 bei Droemer und umfasst stolze 992 Seiten. ›Jahre des Jägers‹ schließt chronologisch an ›Das Kartell‹ an und umfasst damit die letzte Zeit der Obama-Präsidentschaft, den Wahlkampf 2016 und die erste Zeit der Trump-Präsidentschaft. Don Winslow bleibt hier nahe an der Realität der Charaktere. Im Gegensatz zu Obama taucht Donald Trump im Buch nicht namentlich auf, allerdings ist eindeutig, für wen Präsident Dennison steht. Winslow geht hier so weit, dass er, insbesondere im Wahlkampf und darüber hinaus die Mauer zu Mexiko betreffend, Originalreden und -tweets von Donald Trump zitiert. Auch sein Schwiegersohn Jared Kushner bekommt als Jason Lerner eine zentrale und eindeutige Rolle. Nicht nur unter dem Gesichtspunkt, besonders nah am aktuelles Weltgeschehen zu sein, ist ›Jahre des Jägers‹ für mich der wirkmächtigste Teil der Trilogie. Winslow steigert sich gegenüber ›Das Kartell‹ auch noch einmal, indem er Opfern am untersten Ende der Nahrungskette des Drogengeschäfts zentrale Rollen gibt. Eindrücklich ist beispielsweise die Geschichte des kleinen Nico, der mit seiner besten Freundin die Flucht vor den Gangs in Guatemala antritt, es tatsächlich bis in die USA schafft, nur um dort durch die gleichen Gangs und das System in die Drogenkriminalität gezwungen zu werden. Oder die Geschichte von Jaqui, einer jungen Heroinsüchtigen, die sich zwischen Rausch und Entzug irgendwie durchs Leben schlägt. ›Jahre des Jägers‹ ist auch der offen politischste Teil der Trilogie. Gab es in den beiden anderen Bänden hauptsächlich implizite Kritik an der US-amerikanischen Drogenpolitik, zieht sich diese im dritten Band ganz explizit durch die gesamte Geschichte. Winslow spielt ein globales System der Vernetzung von Kartellen, Banken, Immobilienwirtschaft und Politik durch, das gemeinsam von Drogenhandel und -politik profitiert und daher überhaupt kein Interesse daran haben kann, die bestehenden Zustände zu ändern. Die Verflechtungen der aktuellen US-amerikanischen Administration, die dabei kaum besser als die langjährig gerügten mexikanischen Administrationen davon kommt, liegen nahe und werden dementsprechend schonungslos kritisiert. Dabei jedoch bleibt es mit der expliziten Kritik nicht. Winslow widmet sich beispielsweise auch ausgiebig der Migrationspolitik und ihrer Profiteure. Anhand von Nicos Fluchtgeschichte zeigt er auf, wie die Privatwirtschaft von restriktiver Migrationspolitik profitiert, wie sich ein System, in dem Geflüchtete kriminalisiert und in die Kriminalität gezwungen, um dann in privatwirtschaftlich geführten Gefängnissen und Auffangeinrichtungen untergebracht zu werden, selbst trägt und kaum ein Interesse entwickeln kann, eine humanere und integrativere Agenda zu forcieren. Das Leid und die Ausweglosigkeit, die dieses System produziert, demonstriert Winslow eindrücklich. Im Zentrum all dessen steht selbstverständlich Art Keller, der seinen letzten Kampf kämpfen muss: Den gegen das System. In einer Mischung aus Held und manchmal Antiheld, denn sauber war sein persönlicher Krieg ja oftmals nicht und auf dieser Basis erpresst ihn die Dennison-Administration nun, startet er als DEA-Direktor eine letzte Offensive gegen das ganze Netzwerk. Freunde macht er sich damit wenige – erst Recht in Zeiten, in denen jeder für seine Zukunft unter Dennison sorgen muss – dafür neue mächtige Feinde. Neben den Kartellen rückt ihm nun auch die (designierte) US-Administration auf die Pelle, seine Unterstützer in einflussreichen Positionen werden täglich weniger. Das hält ihn aber nicht davon ab, in einer letzten großen Schlacht reinen Tisch zu machen. ›Jahre des Jägers‹ ist ein wirkmächtiger Abschluss der Trilogie. Oftmals werden Fortsetzungen ja leider weniger stark als ihre Ursprünge, hier ist das ganz anders. Winslow ist es gelungen, sich mit jedem Band, auf einem hohen Niveau startend, noch weiter zu steigern, um die Trilogie mit einem gewaltigen Finale zu beenden. Das mag mit am noch frischen Realitätsbezug liegen, zweifellos aber auch an der Botschaft, die er vermitteln will. ›Jahre des Jägers‹ ist ein Statement, ein flammender Appell gegen die kriminalisierende Drogenpolitik und ›Tage der Toten‹ und ›Das Kartell‹ haben auf diesen Appell hingearbeitet, um in einem runden, umfassenden Finale zu gipfeln. Derart gelungen sieht man das nicht so oft. Nun aber genug der Worte, ich will ja nicht alles vorweg nehmen. Die ›Art Keller‹-Trilogie sollte man auf jeden Fall lesen, wenn man sich im Genre oder dem Thema wiederfindet. Es erwarten einen für drei Bücher zwar verhältnismäßig viele Seiten, aber keine davon ist überflüssig. Ganz im Gegenteil, vieles in der Geschichte hätte noch auf deutlich mehr Seiten ausgedehnt werden können, ohne an Spannung zu verlieren. Eine wirklich runde Sache.

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