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DasIgno

Posted on 12.5.2019

Schwarzenfels in Osthessen. Vor dem Haus des jungen Süleyman verunglückt ein Motorradfahrer. Als Süleyman ihn durchsucht, findet er einen Umschlag und nimmt ihn an sich. Wenig später geht eine Hausdurchsuchung beim in der Nähe wohnenden Landtagsabgeordneten Johann von Münzenberg gewaltig schief. Und in Frankfurt stirbt eine berüchtigte Journalistin durch einen Augenschuss in ihrem Hotelzimmer. Im Laufe der Ermittlungen geraten Kommissar Robert Marthaler und sein Team von der Frankfurter Mordkommission immer tiefer in einen politischen und polizeilichen Abgrund. ›Die Sterntaler-Verschwörung ist‹ 2014 bei Rowohlt erschienen. Das Buch ist der fünfte von aktuell sechs Bänden aus der Reihe ›Kommissar Marthaler ermittelt‹ und spielt im Raum Frankfurt und Osthessen. Die 489 Seiten teilen sich auf angenehm kurze Kapitel auf. Der Rahmen der Geschichte ist angelehnt an die Verhältnisse nach der Wahl zum Hessischen Landtag 2008, als Andrea Ypsilanti (im Buch Sabine Xanthopoulos) den amtierenden Ministerpräsidenten Roland Koch (Rolf-Peter Becker) unter Duldung der LINKEN hätte stürzen können, wenn sie eine mögliche Zusammenarbeit mit der LINKEN nicht im Wahlkampf vehement ausgeschlossen hätte. Ypsilanti scheiterte damals mit der Bildung einer Minderheitsregierung, weil ihr, wie im Buch, vier Parteigenoss*innen in letzter Minute die Stimme versagten. Weitere Nebencharaktere haben reale Vorbilder, der Fall an sich ist aber frei erfunden. ›Die Sterntaler-Verschwörung‹ lebt vor allem von ihren Charakteren. Seghers hat mit seinem verschrobenen Robert Marthaler und seinen, jeder auf seine Art liebenswürdigen, Kollegen ein Team geschaffen, das in einer sehr unterhaltsamen Weise unaufdringlich miteinander funktioniert. Sei es der geniale Spurensicherer Carlos, der seine Arbeitszeiten ganz nach seinem Leben richtet und auch gerne mal inbrünstig die Internationale singt, sei es Marthalers Sekretärin Elvira, die ihn in nahezu jeder Lebenslage unterstützt. Hinzu kommt Marthalers sehr legeres Beziehungsgeflecht innerhalb und außerhalb des »Weißen Hauses«, der Heimat der Mordkommission. In diesem Rahmen konstruiert Seghers einen Krimi, der in weiten Teilen auch leicht als Polit-Thriller durchgehen könnte. Seine Geschichte ist bis ins Detail durchdacht konzipiert und so spannend wie unterhaltsam umgesetzt. Die einzelnen Erzählstränge, denen Seghers, wie es gerade in die Handlung passt, mal mehr, mal weniger Raum gibt, fügen sich nach und nach in ein stimmiges Ganzes zusammen. Je weiter sich das Buch dem Ende nähert, desto vorhersehbarer wird der Ausgang der Story, was dem Lesevergnügen aber keinen Abbruch tut. Bei einem Thriller würde ich das kritisieren, als Krimi oder noch eher Polit-Krimi fühlt sich die Entwicklung der Spannungskurve aber sehr stimmig an. ›Die Sterntaler-Verschwörung‹ ist meine erste Begegnung mit Jan Seghers, ein klassischer Bahnhofsbuchladenfund. Da das Buch der fünfte Band der Marthaler-Reihe ist, mag das vielleicht nicht ganz günstig sein. Für das Verständnis des Buches und der Rahmenhandlung hat mir aber nichts gefehlt. Der Rest der Reihe ist sofort auf dem Lesestapel gelandet, allem voran wegen der sympathischen Charaktere, ein bisschen auch für den Frankfurter Lokalkolorit. Abschließend natürlich eine Empfehlung mindestens an alle Krimifreunde, auch abseits des Großraums Frankfurt. ›Die Sterntaler-Verschwörung‹ macht Spaß, ein durch die Bank runder Krimi.

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