Danielle Weidig Das falsche Leben der Abigail Thornton

„...Abigail friert. Trotz der Kälte dreht sie die Heizung kaum auf, die Kosten für Gas sind enorm gestiegen. Ihre Witwenrente ist knapp, aber den Staat oder ihre Kinder um Hilfe zu bitten, kommt nicht infrage. Nie wieder will sie von jemanden abhängig sein...“

Das Buch beginnt mit der Beschreibung des Morgens einer fast 90jährigen Frau. Das ist für den ersten Moment nichts Besonderes.

Die Autorin hat eine kurze, aber prägnante Erzählung geschrieben. Die Tragik eines ganzen Lebens wird auf wenigen Seiten untergebracht. Der Schriftstil ist fein ausgearbeitet und sehr vielseitig.

Als es an der Tür klingelt, erwartet Abigail keine große Überraschung. Wer soll sie schon besuchen?

Es ist nur der Postbote. Er überreicht ihr einen Brief.

„...Abigail kennt die Schrift nicht. Sie dreht den Brief um und liest die Adresse des Absenders...“

Wenige Sekunden später findet sie sich auf ihrer Couch wieder. Der Briefträger hatte sie geistesgegenwärtig aufgefangen. Der Brief wurde 1938 in New York aufgegeben. Er ist von ihrer großen Liebe.

Abigail erzählt dem Briefträger ihre Geschichte. Dazu braucht sie nur wenige Worte. Natürlich fragt sie sich, warum der Brief erst jetzt angekommen ist. Lebt Dave noch? Kann sie ihn unter der angegebenen Adresse erreichen? Gibt es eine Möglichkeit, die alten Wunden zu heilen?

Das Buch besticht außerdem durch die wunderschönen Illustrationen, die zu Beginn jedes Kapitels jeweils eine Seite einnehmen und perfekt zur Geschichte passen.

Das Buch hat mich tief berührt. Es erinnert ein bisschen an das klassische Drama von Romeo und Julia und ist doch ganz anders. Manchmal ist Heilung und Abschluss auf eine Art möglich die man nicht erwartet hat.