Jacqueline Weichmann - Fuchs Feenstaub und Enterhaken

„...Wir Feen haben wichtige Aufgaben, um die wir uns zu kümmern haben, da ohne uns das natürliche Gleichgewicht zusammenbrechen würde. Deshalb komm gefälligst mit und kümmere dich wenigstens um die Frösche!...“

Doch die Worte der Feenmutter gehen bei der junge Fee Seidenraupe in ein Ohr rein und aus dem anderen raus. Sie will keine Tierfee sein! Sie will endlich die Insel verlassen und Abenteuer erleben!

Die Autorin hat ein fesselndes modernes Märchen geschrieben. Es ist nicht nur eine ganz besondere Adaption nach einem Märchen der Gebrüder Grimm. Auch andere Figuren aus Sagen und Legenden geben sich dabei ein Stelldichein.

Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Amüsant sind unter anderem die gut ausgearbeiteten Gespräche. Nicht zu unterschätzen ist die Phantasie der Autorin.

Seidenraupe, die sich selbst Seira nennt, landet auf dem Schiff des Piratenkapitäns Raven. Der ist auf der Suche nach einer geheimnisvollen Karte, die ihn auf sieben Inseln führen wird.

Sehr gekonnt inszeniert sich Raven als heftiger Seepirat, kann aber nicht verbergen, dass es ihn ihm ganz anders aussieht.

Auf dem Schiff begegnet Seira dem Klabautermann. Der hat so seine ganz eigenen Wünsche und Träume und sieht Seira als seine Gehilfin. Wenn er sich dabei nicht heftig irrt! Allerdings ermöglicht er Seira, zwischen ihrer Feengestalt und der einer jungen Frau zu wechseln. Logischerweise gibt sie sich aber als Mann aus.

Als erstes versucht sie, Raven die Grundlagen der Höflichkeit beizubringen. Bitte und Danek gehörten bisher nicht zu seinem Wortschatz.

„...Genervt verdreht Seira ihre Augen. Das Männer sich aber auch immer so aufspielen müssen! Was wäre schon dabei gewesen, sie höflich um etwas zu bitten?...“

Als Raven endlich die sogenannte Schatzkarte in der Hand hält, steuert er nach und nach sieben Inseln an. Dem Leser wird schnell klar, dass es ihm dabei nicht um einen Schatz geht. Hier kommt der Einfallsreichtum der Autorin ins Spiel. Jede Insel hat einen anderen Untergrund. Das können Eis, Sumpf oder Wüste sein. Demzufolge gibt es immer andere Tiere, die es auf die Menschen abgesehen haben. Auch die entsprechenden Herrscher sind von jeweils eigener Art. Seira hat die Gabe, bei den Lebewesen die Schwachstellen herauszufinden. Meist gelingt es ihr, sie raffiniert einzuwickeln.

Zu den wichtigsten Gesprächen gehört das zwischen Seira und dem Schiffskater Kato. Hier geht es um ein ernstes Thema. Kann man das Leben eines Lebewesens von der Erfüllung seiner Aufgabe abhängig machen? Seiras Fazit lautet:

„….Eigentlich...sollte niemand das Recht haben, andere zu beurteilen. Denn keiner kann das Sein eines anderen Lebewesens begreifen oder gar verstehen. Das kann man nur selbst, in dem man tief in sich hineinhört...“

Zwei Protagonisten möchte ich kurz erwähnen. Das ist zum einen Sindbad. Der baggert jedes weibliche Wesen an, das in seiner Nähe erscheint. Zum anderen ist es der junge Zauberer Merlin. Der hat noch eine Menge zu lernen.

Am Ende der Reise landen sie wieder auf Seiras Heimatinsel. Natürlich bekommt das Märchen dort ein Happyend.

Die Geschichte hat mich ausgezeichnet unterhalten. Im Kern geht es darum, ob man sich den Gegebenheiten fügen muss oder ab man das Schicksal in die eigene Hand nehmen darf.