Als Bibliothekarin im Home Office

library-488690_1280 — Bild von Michal Jarmoluk auf Pixabay

Bibliotheken sind Serviceeinrichtungen, der Kontakt zu den Nutzern ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit. In Coronazeiten und den aktuellen Kontaktsperren sind meine Kolleginnen und ich ins Home Office geschickt worden. "Geht das denn?" haben Familie, Freunde und Kollegen aus anderen Abteilungen uns anfangs gefragt. Ein Fazit nach den ersten vier Wochen.

Der 13.03.2020 hat seinem Klischee eines "Freitag, der 13." alle Ehre gemacht. Kontakt zu einer Person mit grippeähnlichen Symptomen (zum Glück kein Covid-19) hat meine Kolleginnen und mich eine knappe Woche vor allen anderen Hochschulmitarbeitern ins Home Office geschickt. Innerhalb von zwei Stunden wurde in der Bibliothek ein Notbetrieb organisiert, Infos an Kollegen und Studierende verschickt, die nötigsten Arbeitsmaterialen zusammengepackt und Abschied auf unbestimmte Zeit genommen.

Die erste Woche zu Hause war für alle ein Abenteuer, aber schnell war klar: Outlook und ein Zugang zu unserem Intranet reichen, um den Bibliotheksbetrieb relativ normal aufrecht zu erhalten. Wie viele staatliche Unibibliotheken hatten auch wir als Bibliothek einer privaten Universität eigentlich schon alles, was das Studentenherz begehrt, digital verfügbar: Jede Menge E-Books, Datenbanken, E-Journals. Jetzt mussten sich die Studenten (und die Lehrenden) zwangsweise mit den digitalen Angeboten der Bibliothek auseinandersetzen und plötzlich hagelte es Lob von allen Seiten, auf wie viel man ja doch zugreifen kann, ohne die Bibliothek physisch zu besuchen.

Also, was machen denn Bibliothekare konkret im Home Office? Sie nutzen die Zeit für die Dinge, zu denen ihnen in der Bibliothek Zeit fehlt: Wir bereiten ganz in Ruhe Nutzerschulungen vor (die lassen sich dann auch im digitalen Raum durchführen), wir nutzen die Zeit, um uns fortzubilden (Webinare und die schon lange im Regal wartende bibliothekarische Fachliteratur), wir machen "Konkurrenzbeobachtung" (was bieten andere Bibliotheken an, was wir auch machen können). Und wir beraten natürlich weiter, telefonisch und/oder per E-Mail, das macht aktuell den größten Teil des Arbeitstages aus.

Für mich als Leitung gibts dann noch den gewissen Verwaltungsanteil: Erwerbungsbudgets müssen neu geplant, "Covid-19 Super-Sonderangebote" von Verlagen gesichtet und bestellt, Studenten und Lehrende auf dem Laufenden gehalten werden. Zum Glück hat sich mein Team super organisiert, so dass wir arbeitsteilig arbeiten, trotzdem aber alle auf dem Laufenden sind.

Meine persönliche Motivation in dieser Zeit sind vor allem drei Dinge:

Mein Team, auf das ich mich verlassen kann.
Das unglaublich positive Feedback von Studierenden und Lehrenden. Fast jede E-Mail beginnt mit "Ich hoffe es geht Ihnen gut" und endet mit "Bleiben Sie bitte gesund". So viel Lob, Dank und Wertschätzung für unsere Arbeit ("Sie haben meine Bachelorarbeit gerettet", "Krass, wie schnell Sie antworten", "Ich wüsste ohne Sie nicht weiter", "Sie machen einen super Job") haben meine Kolleginnen und ich noch nie bekommen.
Die regelmäßigen Besuche in der Bibliothek. Auch wenn die Uni für Studenten geschlossen ist, kommt ja trotzdem weiter Post (vor allem abonnierte Zeitschriften), die bearbeitet werden muss. Es ist ein seltsames Gefühl, alleine in der Bibliothek zu sein, aber es ist ein Stückchen Normalität, die gut tut. Außerdem war ja an unserem letzten Arbeitstag ein Großteil der Literaturbestellung für das neue Semester gekommen und was gibt es Schöneres, als zur Abwechslung neue Bücher in den Bestand einzuarbeiten?

Wenn ich ehrlich bin: so bequem es auch ist, von zu Hause aus zu arbeiten, mir fehlen meine Studenten und meine Kolleginnen. Ich drücke uns allen ganz fest die Daumen, dass die aktuellen Maßnahmen Wirkung zeigen und wir vielleicht schon in den nächsten Monaten schrittweise zurück zu einer neuen Normalität kommen.