Mudlarking an der Themse

Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich auf einmal zu einem begeisterten Artikelschreiber werde, but here we go. ;)

Zuletzt gelesen habe ich das Buch +Die versteckte Apotheke und ja, ich fand es ziemlich mangelhaft und möchte es eigentlich auch nicht weiter empfehlen. Was allerdings durch dieses Buch mein Interesse geweckt hat, ist das sogenannte Mudlarking, das in London möglich ist.

Aber was ist das überhaupt? Das ist, wenn man bei Ebbe loszieht und am Ufer der Themse nach ungewöhnlichen Fundstücken sucht. Ich habe Bilder gesehen von alten, römischen Münzen, georgianischen Tabakpfeifen, viktorianischem Geschirr oder Teile alter Lampen, Gefäße und Töpfe. Es wurden bereits regelrechte Schätze gefunden bei diesem Mudlarking und ist ein recht ungewöhnliches Hobby ähnlich exotisch wie Parkour oder Graffitisprayer.

Ursprünglich jedoch war es kein Hobby, sondern ein reiner Überlebenskampf. Die Themse ist ein Fluss, die durch ihre Gezeiten vieles von dem, was jemals in ihrer Nähe verloren ging - ob jetzt unbeabsichtigt oder nicht - irgendwann wieder im Schlamm zurücklässt. Das nutzten im 19. Jahrhundert viele unfassbar arme Kinder und Leute, die durch den Verkauf ihrer Funde ihr kärgliches Leben bestritten. Das war damals wie heute nicht immer ungefährlich. Jederzeit kann man in irgendetwas reintreten und sich verletzen, hängenbleiben, von Wellen erfasst und in den Fluss gezogen werden, verpasst man die Flut kann man durchaus ertrinken. Die Themse ist keine Badewanne und selbst wenn man von all dem verschont bleibt, kann man sich immer noch irgendwelche Krankheiten zuziehen - es ist ja nicht so, als wäre der Fluss ein Abbild an sauberem Gebirgswasser.

Und dennoch: Der Reiz, den diese Art von Suche darstellt, ist unglaublich. Zumindest für mich. Allerdings ist es auch nicht damit getan, einfach mal die Treppen zum Fluss runterzusteigen und dort mit Suchen/Graben anzufangen. Man braucht Lizenzen, und eine Tageslizenz kostet schon mal 35 Pfund. (Ganz offensichtlich hat die Autorin das nicht vernünftig recherchiert, denn da läuft ihr Hauptcharakter einfach mal mit einer Gruppe Mudlarker mit und findet ein 200 Jahre altes Fläschchen: Wer sich das Video anschaut, wird dort übrigens ein ähnliches Fundstück sehen.)

Selbst wenn man sich diese Lizenz besorgt hat, darf man nicht tiefer als siebeneinhalb Zentimeter graben - was ist das? Kaum viel länger als ein Mittelfinger, oder? Damit soll das Biotop und weitere archäologische Funde geschützt werden. Und es gibt viele, viele Stellen, an denen man überhaupt nicht suchen darf. Hat man dann trotzdem etwas gefunden und es stellt einen gewissen historischen Wert dar (wie auch immer man das als Laie einschätzen soll) ist man verpflichtet, diesen Fund zu melden und registrieren zu lassen.

Und dennoch - bei all diesen Restriktionen und möglichen Gefahren: Klingt diese Art von Hobby nicht absolut faszinierend oder bin ich einfach noch irrer, als ich selbst angenommen hatte? Schaut euch wenigstens mal ein paar Minuten lang das Video an und sagt mir, was ihr davon haltet.

CRAZY SUPER FINDS Mudlarking the Thames - England! - YouTube