Die Berliner BücherboXXen

Die BücherboXX am Mierendorffplatz. Bild: https://inzuam.wordpress.com/2015/03/12/kieznachbar-der-mierendorff-kiez/

Diese BücherboXX war die erste, die ich vor fast zehn Jahren in Berlin besucht habe. Ich war mit Freunden aus Leipzig zu einem der beliebten Treffen der Berliner Bookcrosser gefahren und nach einem Brunch mit vielen Büchern und tollen Gesprächen wurde uns von Lilliane ein Besuch dieser Büchertelefonzelle ans Herz gelegt. Da standen wir dann zu fünft vor dieser ausgedienten Telefonzelle und haben uns durch die Regale gestöbert. Wie viele Bücher wir mitgenommen haben, weiß ich heute nicht mehr, wahrscheinlich waren es mehr, als wir eigentlich geplant hatten (Murphy's Law trifft auch hier immer zu).

Die erste BücherboXX entstand 2010 im Rahmen eines berufspädagogischen Projektes, das vom Institut für Nachhaltigkeit in Bildung, Arbeit und Kultur in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern der Beruflichen Bildung und der Berliner Bevölkerung umgesetzt wurde. Auszubildene und Jugendliche in der Berufsvorbereitung verschiedener Einrichtungen haben im Rahmen des Projektes alle Arbeitschritte vom Umbau und der Umgestaltung der Telefonzelle bis zum Aufstellen und der Begleitung in der Startphase selbst in die Hand genommen. Konkret mit dabei waren bei der ersten BücherboXX unter anderem diese Bildungseinrichtungen: die Produktionsschule Sägewerk Grunewald (GfbM) mit einer Holzbank und Logistik, das OSZ TIEM mit Solartechnik und Auszubildende der AOK Berlin-Brandenburg mit einer Passantenbefragung zur Akzeptanz der BücherboXX.

Die alten Telefonzellen sind ein schönes Beispiel für den Nachhaltigkeitsgedanken, der in unserer heutigen Zeit eine immer größere Rolle spielt. Bei der neuen Nutzung der Telefonzellen als öffentliches Bücherregal wird Nachhaltigkeit erlebbar, ausgelesene Bücher finden hier neue Leser und so manch ein Kiez hat mit seiner BücherboXX einen neuen Treffpunkt bekommen, Leseförderung inklusive.

Mittlerweile sind im Rahmen des Projektes rund zwanzig BücherboXXen entstanden, sogar im europäischen Ausland sind nach Vorbild des Berliner Projektes von Auszubildenden BücherboXXen konzipiert, umgestalten und aufgestellt worden. Das Konzept wurde auch mehrfach ausgezeichnet.

Die BücherboXXen sind aber mehr als ein Ort zum Büchertauschen, sie sind Bestandteile von kultureller und politischer Bildung. Zwei Beispiele:

Centre-Francais-mit-Eiffelturm-722x1024 — BücherboXX Centre Francais

Die BücherboXX Centre Francais entstand in einer deutsch-französischen Kooperation mit Auszubildende aus Guingamp (Bretagne) und der Hans-Böckler-Schule. Sie steht vor dem Centre francais de Berlin und spielt für den kulturellen Austausch eine wichtige Rolle. In der BücherboXX sind Bücher sowohl in deutscher als auch in französicher Sprache zu finden.

Heine-007-1024x768 — BücherboXX Gleis 17

Eine besondere BücherboXX findet man unweit der Gedenkstätte Gleis 17 am Bahnhof Grunewald. Das Mahnmal erinnert an die tausenden Juden, die während der NS-Zeit von diesem Gleis mit Zügen der Deutsche Reichsbahn aus Berlin deportiert wurden. Die BücherboXX enthält schwerpunktmäßig entsprechende Literatur und setzt ein Zeichen gegen das Vergessen.

Aber nicht nur in Berlin gibt es diese nachhalig genutzten Telefonzellen, gefühlt entdeckt man in fast jeder Stadt und auch in immer mehr kleinen Orten diese wunderbaren öffentlichen Bücherschränke. Ob die klassische gelbe oder die britische rote Telefonzelle, alte Verteilerkästen, ausgebaute Buswartehäuschen oder Vitrinen in allen Größen, Leseratten werden dort immer leicht Nachschub an Lektüre finden und den Büchern ein neues Zuhause geben.