125. Geburtstag von Max Tau

Der Höhepunkt der Frankfurter Buchmesse ist in jedem Jahr die feierliche Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in der Paulskirche, die stets live in der ARD übertragen wird. Doch während der Preis inzwischen internationale Anerkennung genießt, ist derjenige, dem wir diesen Preis verdanken, heute leider nahezu unbekannt.

FP_1950_Max_Tau_und_Urkunde__Friedenspreisarchiv_ — Max Tau anlässlich der Verleihung des Friedenspreises 1950 mit seiner Urkunde {c) Friedenspreisarchiv

Max Tau, einst Nachfolger von Christian Morgenstern als Cheflektor im Bruno Cassirer Verlag (1928-1938) und eigentlich mehr Verlagsmensch denn Autor, war nach dem 2. Weltkrieg stark um eine Aussöhnung mit Deutschland bemüht. Neben zahlreichen kulturellen und politischen Aktivitäten hatte er 1948 dann auch selbst ein Buch mit dem Titel »Glaube an den Menschen« veröffentlicht, das den Schriftsteller Hans Schwarz derart bewegte, dass er ihm schrieb:

»Wenn ich einen Friedenspreis zu vergeben hätte, DU würdest ihn zuerst bekommen.« Max Tau schrieb ein bißchen wehmütig und sehr humorvoll zurück: »Vielleicht hast Du einen Friedenspreis zu vergeben?« (1)

Hans Schwarz nahm dies zum Anlass, eine Gruppe deutscher Verleger (2) davon zu überzeugen, den Preis zu stiften und Adolf Grimme als Laudator für Max Tau zu gewinnen, der 1950 dann tatsächlich als erster mit dem Preis ausgezeichnet wurde – damals noch unter dem Label »Friedenspreis der deutschen Verleger«. Bereits im Jahr darauf übernahm dann der Börsenverein des Deutschen Buchhandels die Schirmherrschaft.

Dass Max Tau nicht auch den Friedensnobelpreis erhalten hat, obwohl er wiederholt dafür vorgeschlagen worden war, ist, wie der Herausgeber der Festschrift »Freundesgabe für Max Tau: Gratulationen zu seinem 70.Geburtstag« Bernhard Doerdelmann an anderer Stelle wohl richtig vermutet (3), der Tatsache geschuldet, dass das norwegische Komitee den Preis aus politischen Gründen nicht an einen Landsmann vergeben wollte.

Dem seinerzeit staatenlosen Max Tau wurde von der norwegischen Exilregierung nämlich bereits 1944 die norwegische Staatsbürgerschaft aufgrund seiner Verdienste für die norwegische Literatur zuerkannt – eine Ehre die ansonsten nur noch einem weiteren Deutschen zuteil wurde: Willy Brandt. (4)

Doch auch wenn Max Tau selbst leer ausgegangen ist, so hat er doch dafür gesorgt, dass andere den Preis bekamen. So hat Albert Schweitzer den Nobelpreis 1953 auf Betreiben Max Taus rückwirkend für 1952 erhalten. Denn als das Komitee den Preis 1952 zunächst auszusetzen beabsichtigte, da es keinen würdigen Kandidaten gefunden habe, brachte Max Tau den damals noch weitgehend unbekannten Pazifisten ins Gespräch.

Diese Episode kann auch exemplarisch für Taus Leben und Wirken stehen: Nie um Aufmerksamkeit bemüht, stets im Hintergrund, aber immer mit einem feinen Gespür sowie den besten Verbindungen, die er stets im Dienste anderer einsetzte.

So gilt Max Tau unter anderem als Entdecker und Förderer von Marie-Louise Kaschnitz, Luise Rinser und Wolfgang Koeppen. Außerdem machte er Autoren wie Karel Čapek oder die drei norwegischen Literaturnobelpreisträger*innen Bjørnstjerne Bjørnson (1902), Knut Hamsun (1920) und Sigrid Undset (1928) in Deutschland bekannt.

Doch er kümmerte sich auch um etablierte Autor*innen. Als er zum Beispiel erfuhr, wie schlecht es selbst namhaften Literaten wie Arnold Zweig, Lion Feuchtwanger oder Heinrich Mann im amerikanischen Exil ging, gründete er 1943 mit finanzieller Unterstützung des schwedischen Esselte-Konzerns (damalige Schreibweise: S.L.T.) kurzerhand einen Exilverlag, um die Exilliteraten durch großzügige Vorschüsse auf kommende Bücher zu unterstützen. (5)

Dass Max Tau hierzulande in Vergessenheit geraten ist, mag auch daran liegen, dass er nach dem Krieg in Oslo sesshaft geworden und außer für kürzere Besuche nicht nach Deutschland zurückgekehrt ist. Den Norwegern ist er hingegen nicht nur als Gründer der Deutsch-Norwegischen Gesellschaft in bester Erinnerung. Auch die deutsche Schule in Oslo ist nach ihm benannt.

Max Tau, der große Förderer der Literatur und der Völkerverständigung, wäre heute 125 Jahre alt geworden – und ich würde mir wünschen, dass sich auch hierzulande wieder ein paar mehr Leute seiner erinnern mögen.

Quellen:

(1) https://www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de/geschichte

(2) Zu den ersten Stiftern des Friedenspreises gehörten:

C. Bertelsmann Verlag (Gütersloh)
Deutsche Buchgemeinschaft (Hamburg)
Furche Verlag (Hamburg-Berlin)
F.A. Herbig Verlag (Berlin)
Hans von Hugo Verlag (Hamburg)
Gustav Kiepenheuer Verlag (Weimar)
Wolfgang Krüger Verlag (Hamburg)
Paul List Verlag (München)
Paul List Verlag (Leipzig)
Emil A. Schaffner (Zürich)
Steingrüben Verlag (Stuttgart)
Universitas Verlag (Berlin)
Verlag Kurt Desch (München)
Verlag Marie Honeit (Hamburg)
Friedrich Wittig Verlag (Hamburg)

(3) Doerdelmann, Bernhard: "... dann wollen wir das Fest des Lebens feiern!" Zum Tode von Max Tau, in: EMUNA, Heft 2 (1976), S.41.

(4) https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Tau

(5) Oppmann, Volker: +Max Tau und der Neue Verlag. Berlin 2017