Ich lese nichts Fantastisches - oder vielleicht doch?

Als ich die Reisewelten für den diesjährigen #sommerzwischendenzeilen gesehen habe, war das Ziel "Fantastische Welten" für mich erstmal uninteressant. Fantastische Literatur lese ich nicht, das habe ich in der Vergangenheit mehrfach probiert und einfach keinen Zugang dazu gefunden. Naja, vielleicht war das ein vorschneller Gedanke, denn ein Blick übers Bücherregal hat meinem Gedächtnis auf die Sprünge geholfen: Ich habe in der Vergangenheit mehr Fantastisches gelesen, als mir bewusst war. Ich nehme euch jetzt mit auf eine (wahrscheinlich unvollständige) Reise durch meine persönliche Lesegeschichte.

Was ist für mich Fantastisches?

Ich glaube für das Thema "Fantastische Welten" hat jede*r von uns seine eigene Definition. Für mich sind passende Bücher all diejenigen, in den denen irgendetwas auftaucht/passiert, das in der realen Welt ziemlich unwahrscheinlich ist oder Bücher, die an fremden Orten spielen.

Leseanfängerin - erste Kontakte

Eine meiner liebsten Geschichten zum Vorgelesenbekommen war definitiv Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt. Ich weiß noch, dass ich auch so einen Roboter haben wollte, mit dem ich zusammen Abenteuer erleben kann. Und ich habe gelernt, dass es Lebertran gibt...

Sobald ich lesen gelernt hatte, war ich Stammgast in der örtlichen Bücherei und habe so ziemlich alles gelesen, was für mein jeweiliges Alter freigegeben war. Nachdem wir in der Schule Auszüge aus Der kleine Wassermann gelesen hatten, musste ich auch den Rest des Buches lesen. Wenn man in der Bücherei ein Buch von Ottfried Preussler gefunden hat, dann stehen die anderen seiner Klassiker direkt daneben. Also wurden als nächstes Das kleine Gespenst und alle Teile über Die kleine Hexe inhaliert.

Als nächstes lief mir dann ein kleiner, dicker Junge über den Weg, mit dem mich eine gewissen Hassliebe verbunden hat: Karlsson vom Dach. Irgendwie war er frech und mutig, andererseits auch eingebildet, unhöflich und nervig - trotzdem habe ich alle seine Abenteuer lesen wollen.

Als Jugendliche auf fantastischer Lesereise

Als mich so richtig das Lesefieber gepackt hatte, betrat ein junger Mann mit seinen Freunden das literarische Parkett: Die Harry Potter-Reihe habe ich im englischen Original und auf Deutsch gelesen, was war das bitte für eine wahnsinnig fesselnde Reihe?! Ein ganz normaler Junge erfährt, dass er eigentlich ein Zauberer ist, es eine magische Parallelwelt gibt und er der Einzige ist, der das Böse besiegen kann? Es gab kaum jemanden um ich herum, der sich der Faszination entziehen konnte.

Ungefähr zeitgleich habe ich in der Bücherei die Reihe um Laura und das Geheimnis von Aventerra entdeckt. Das war zwar nicht ganz so komplex wie Harry Potter, aber ich habe es gerne gelesen. Es lag vielleicht auch daran, dass ein Mädchen in der Hauptrolle eine gute Identifikationsfigur abgegeben hat.

Und dann gab es da noch eine fantastische Buchreihen, die durch ihre Verfilmung aus dem Dornröschenschlaf gerissen wurde: Herr der Ringe. Das war schon ein ganz anderes Kaliber als Harry Potter. Ich habe damals, als der erste Film herauskam, alle drei Bände gelesen oder besser gesagt mich durch sie hindurchgekämpft. Ich will ehrlich sein: die Gedichte der Ents (und mögen sie noch so schön sein) und die seitenlangen Beschreibungen der Landschaft habe ich übersprungen. Der kleine Hobbit hat mir wesentlich besser gefallen.

Zum Ende der Schulzeit hat mir eine Freundin dann noch eine fantastische Welt vorgestellt, die mich ein paar Jahre sehr fasziniert hat: Zamonien. Walter Moers hat eine unglaublich detailreiche Welt geschaffen, die vor allem durch die Sprache lebt. Die 13 ½ Leben des Käpt'n Blaubär waren wie eine kleine Reise zurück in die Kindheit, als Kind habe ich die Geschichten von Käpt'n Blaubär und seinen Begleitern in der Sendung mit der Maus geliebt. Mein Highlight war aber Die Stadt der Träumenden Bücher. Eine ganze Stadt aus Bücher, wer würde die nicht gerne besuchen? Aber so schnell, wie die Faszination für Zamonien begonnen hat, so schnell war sie auch wieder erloschen. Das Labyrinth der Träumenden Bücher steht schon seit einigen Jahren ungelesen bei mir im Regal. Ich nehme das Buch immer mal wieder in die Hand, aber beim Reinlesen springt der Funke einfach nicht mehr über.

Fantastisches Erwachsenensein

Seit dem Studium hat sich mein Leseverhalten geändert. Ich lese eine breitere Anzahl von Genres, nehme bei Bookcrossing-Treffen oder aus öffentlichen Bücherschränken alles mit, was mich anspricht, unabhängig vom Genre. Ein Blick ins Bücherregal zeigt aber: Fantasy und Science Fiction sind dort nicht zu finden, Fantastisches nach der obigen Definition ist eher die Ausnahme.

Da hilft auch die Liebe meines Mannes zu einer weiteren fantastischen Welt nichts: mit der Scheibenwelt von Terry Pratchett kann ich einfach nichts anfangen. Wobei ich die Verfilmung von Ab die Post interessanterweise mochte...

Okay, es gibt eine fantastische Figur, die mir immer mal wieder über den Weg läuft, und die ich meistens mag: der Vampir. Rüdiger von Schlotterstein, der kleine Vampir, war meine erste Vampirbegegnung und ich habe diese Reihe als Kind sehr geliebt. Als Jugendliche habe ich dann wie viele andere die Biss-Reihe von Stephenie Meyer gelesen (ja, es war ein bisschen Gruppenzwang...) und mich gefragt, warum Vampire unbedingt glitzern müssen... Vor ein paar Wochen habe ich mich als Erwachsene den Vampiren in Interview mit einem Vampir genähert und war völlig hin und weg.

Fantastischer Abschluss

Ich bin nach dem Schreiben dieses Artikels fasziniert, wie viele Fantastische Welten ich doch schon besucht habe, obwohl ich immer der Meinung war, dass das absolut nicht mein Genre ist. Jetzt lasse ich mich mal überraschen, was die nächsten Lesereisen so bringen, wer weiß, was für fantastische Welten ich noch unverhofft entdecken werde...