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Buchdoktor

Posted on 16.1.2023

Als Clara ihr idyllisch gelegenes Häuschen für den Verkauf vorbereitet, lernt sie Vera und Elias kennen, die sich ihr gegenüber aus purer Neugier als Kaufinteressenten ausgeben. Der geplante Hausverkauf ist eine weitere Zäsur für die knapp 50-jährige Fotografin, die gerade ihre Anstellung verloren hat, mit dem Angebot, zukünftig als freie Mitarbeiterin geführt zu werden. Elias ist Schauspieler, rund 10 Jahre jünger als Clara und Vater einer fast erwachsenen Tochter. Die spürbare Anziehung zwischen Clara und Elias ist von Beginn an dadurch belastet, dass beide sich nicht auf die Beziehung einlassen. Elias, weil er sich alle Möglichkeiten offen lassen will und sowieso nicht liebesfähig ist, wie Vera ihm vorwirft, Clara, weil sie ihre Ehe mit – dem inzwischen verstorbenen - Paul noch nicht verarbeitet hat und aufgrund ihres Alters der Liebe zu Elias keine Chance gibt. Parallel dazu muss sich Clara der Tatsache stellen, dass ihre Mutter an Demenz erkrankt ist und beide Eltern nicht mehr allein leben können. Ein attraktives Stellenangebot als Leiterin der Bildredaktion eines Hamburger Verlags fordert Claras Entscheidung: Will sie für diese letzte Chance in ihrem Berufsleben nach Hamburg ziehen, die Betreuung der Eltern zwangsläufig ihrem Bruder aufladen – und hat eine Fernbeziehung zu Elias überhaupt Sinn? Doch das Leben hat mit Clara, Elias und ihren Familien anderes vor … Clara und Elias empfinde ich als interessantes Paar, weil sie stellvertretend für unterschiedliche Generationen stehen. Clara startete in den 90ern vermutlich noch mit einem unbefristeten Vertrag in den Beruf, während Elias Altersgenossen kaum anderes als Ketten-Zeitverträge erwarten konnten und sich zugleich Entscheidungsschwäche in der Lebensplanung vorwerfen lassen müssen. Wie Clara ihr Alter als Hürde empfindet – körperlich, mental, beruflich – hätte mich interessiert. Da der Altersunterschied als Problem dahin geplaudert, aber nicht aus Claras Sicht gezeigt wird, hat mich an diesem Punkt die Geschichte bereits verloren. Clara wird für meinen Geschmack zu stark auf ihre Liebesbeziehung reduziert. Ihre Berufsidentität bleibt blass, gerade am neuen Arbeitsplatz, wo ihre Flexibilität auf dem Prüfstand des Tagesgeschäfts stehen würde. Als für Claras Mutter eine gesetzliche Betreuung beschlossen wird, beschreibt Arenz das mit einem Vokabular, das 1990 bereits abgeschafft wurde - völlig unglaubwürdig für eine Handlung in der Gegenwart. Für Ewald Arenz‘ Fans ein sensibel beobachteter Wohlfühlroman mit liebenswerten Figuren; mir hat die Darstellung der knapp 50jährigen berufstätigen Clara nicht gefallen.

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