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Ladybug

Posted on 15.11.2022

Boning zu Fuß Es gibt ein Feuerwerk an Wortspielen, wie sie für Boning typisch sind, wie beispielsweise „Gehmoiren“ oder „Sohlodarität“ oder auch verdrehten Redewendungen wie „Rum wird auch nicht an einem Tag gebraut“. Diese sind mehr oder weniger gelungen, aber in dieser Masse bin ich sie definitiv nicht gewohnt und es ist ein bisschen so, wie zu viele Süßigkeiten essen. In kleinen Portionen super, alles auf einmal erzeugt eine gewisse Übelkeit und Abneigung. Bonings Gedankenspaziergang zum Spazierengehen und Wandern ist nicht ohne Unterhaltungswert und es gibt einige Stellen, die sehr wohl zum Nachdenken anregen. Auch Humor kann philosophisch sein, das stellt man hier fest. Gekonnt werden jede Menge kleine weitere Themen eingewoben, die auf den ersten Blick – und irgendwie auch auf weitere Blicke – so gar nichts mit Wandern oder Spazierengehen zu tun haben, aber genial in den Text passen. Sei es der Scout-Schulranzen oder das Smartphone, Boning findet für alles einen Platz in seinem Vortrag. Insgesamt unterhält das Buch schon, aber es strengt auch arg an. Immer wieder erzählt Boning von seiner Kindheit, aber auch von seiner jüngsten Vergangenheit und eigenen Familie. Das ist ganz amüsant und führt ihn zu mehr oder weniger abstrusen Überlegungen zu (Fuß-)Bekleidung bis zu Fußkrankheiten. Für wen ist das Buch geeignet? Eindeutig für Boning-Fans, denen es im Grunde egal ist, worüber er spricht. Für alle, die den Fokus auf das Wandern oder Spazierengehen legen, dürfte das Buch doch eher eine Enttäuschung sein. Die stellenweise zu findende Philosophie wird ein bisschen arg mit Blödeleien überschüttet und überhaupt ist hier nicht alles, eher sogar nur wenig, wirklich ernst zu nehmen. Manchmal überstrapaziert Boning auch die Sache, z.B. bei der Aneinanderreihung und Aufzählung mehr oder weniger lustiger Ortsnamen. Ja, ich hab’s verstanden, schon bei der Hälfte der Orte! Mir scheint, Wigald Boning war beim Einsprechen mehr oder weniger leicht erkältet. Für mich klingt es sehr unangenehm, wie er durch die Nase spricht. Ganz so klingt er sonst nicht. Jedenfalls hat mir genau das leider sehr schwer gemacht, entspannt zuzuhören und die humorige Erzählung, die auch ein klein wenig schlauer machen kann, wenn man das zulässt, zu genießen. Ja, Boning ist ein Comedian und das versteckt er hier auch nicht. Allerdings ist es eben eine Überdosis und hin und wieder kommt der Verdacht auf, er hört sich selbst gern reden. Mein Lieblingszitat ist dann auch nicht von Boning, sondern von Ralph Boller: Der Dienstweg ist leicht zu finden: Er verbindet die Sackgasse mit dem Holzweg. Insgesamt war es eine nette und unterhaltsame Abwechslung, dennoch kann ich nur drei Sterne spendieren.

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