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mabuerele

Posted on 31.10.2022

„...Ich weiß auch nicht, wie sie sich das vorstellt. Das kann ihr doch nicht alles egal sein, oder? Zweiunddreißig ist sie nun schon. Zweiunddreißig! Will sie nicht mehr aus ihrem Leben machen? Einen Mann, Kinder...jünger wird sie ja auch nicht...“ Caroline hört dies Worte. Sie treffen sie hart. Ihr Bruder würde sie gern an seiner Seite in Russland wissen. Will sie das aber? Die Autorin hat einen gut recherchierten historischen Roman geschrieben. Die Geschichte lässt sich flott lesen. Der Schriftstil passt sich den historischen Gegebenheiten an. Das betrifft auch die Bezeichnung der Berufe. Caroline ist eine selbstbewusste Frau. Sie will mehr als Hausfrau und Mutter sein. Sie hat viele Ideen und oft auch einen Blick für das Detail. Ein Wort ihres verstorbenen Vaters hat sich besonders gemerkt. „...Ohne große Träume kann man nur klein bleiben...“ Im Jahre 1858 lernt sie den Wilhelm kennen. Er übt das Handwerk des Flaschners aus, ist Witwer und hat zwei minderjährige Töchter. Caroline heiratet ihn. Sie hofft, dass er ihre Ideen umsetzt und ihr ermöglicht, seine Waren anzupreisen. Die Eisenbahn hat die Wirtschaft beflügelt. Handlungsreisende können schnell an neue Orte gelangen. Das macht sich Caroline zu nutze. Doch bald muss sie begreifen, dass es schwierig ist, als Frau für voll genommen zu werden. Die Verhandlungspartner wollen ihren Mann sehen. Es bedarf einer raffinierten Strategie, um trotzdem zu einem Abschluss zu kommen. Die Autorin stellt die Zeitverhältnisse sehr authentisch dar. Eingebunden werden Feste und Feiern. Ich darf mit Caroline auf Reisen gehen. Das Bürgertum kann sich nach und nach mehr leisten. Gefragt ist plötzlich auch Spielzeug für Kinder. Caroline möchte, dass auf dieser Schiene auch Wilhelm weiter denkt. Das tut der Ehe nicht immer gut. Er fühlt sich überfahren. In Göppingen trifft sie mit ihrer Art auch nicht nur auf Zustimmung. Klatsch und Tratsch blühen. Sie hört auf eine gute Freundin und nimmt an sozialen Projekten teil. Ihre Freundin aus Ludwigsburg schickt ihr eine Spruch zur Aufmunterung. „...Die wahren Optimisten sind nicht überzeugt, dass alles gut gehen wird. Aber sie sind überzeugt, dass nicht alles schief gehen wird...“ Ab und an darf ich einen Blick in das Leben von Carolines Schwestern werfen. Sie gehen ganz unterschiedliche Lebenswege. Caroline hat drei kleine Söhne, als ihr Mann verstirbt. Sie muss sich Gedanken machen, wie es im Geschäft weiter geht. Als Frau in dieser Zeit bleibt ihr nur ein Ausweg: eine neue Ehe. Das bedeutet aber auch neue Probleme. Ein Nachwort der Autorin, Rezepte aus der damaligen Zeit, zwei Karten in den Umschlagseiten und Anmerkungen runden das Buch ab. Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Es wird deutlich, mit welchen Widerständen Frauen zu kämpfen hatten, die einen beruflichen Weg gehen wollten, den Männer für sich vorbehalten hatten.

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