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R. S.

Posted on 14.10.2022

Roland Baines - Ein Leben voller Lektionen "Lektionen" von Ian McEwan ist die Geschichte eines ganzen Lebens und zwar die von Roland Baines. Man folgt Roland Baines von klein auf bis ins hohe Alte, auch wenn nicht geradlinig. Am Beispiel Rolands illustriert der Autor hierbei die letzten sechs Jahrzehnte, er ist eine Chronik der britischen und europäischen Politik, Kunst, Musik und Mentalität. Die Geschichte, eine Art literarische Biografie, beginnt zu einem Zeitpunkt in Roland Baines Leben, als dieses schon fast in sich zusammenfällt. Er wird von seiner Frau Alissa verlassen und muss sich nun selbst um den gemeinsamen Sohn kümmern. Zuerst wirft man dann einen Rückblick in seine Kindheit, dessen Leben sich mit 11 Jahren drastisch ändert, als seine in Afrika lebenden Eltern beschließen, ihn nach England zurückzuschicken, damit er dort ein Internat besucht, um eine klassische Ausbildung zu erhalten. Während sich die politische Landschaft nach dem Zweiten Weltkrieg neu formiert, nimmt der Junge Baines Klavierunterricht bei Miss Cornell, die nicht nur seine Vorstellung von Musik prägen wird, sondern ihn auch körperlich und sexuell missbraucht. Was folgt, ist ein Bericht über Rolands Leben, der den Zweiten Weltkrieg bis zu den COVID-19-Sperren umfasst. Zufällig oder vom Schicksal initiiert, bleibt dabei Rolands Leben eng mit globalen Ereignissen verbunden, sei es die Wolke von Tschernobyl, der Beginn und das Ende des Kalten Krieges oder große Krisen wie AIDS und die Pandemie. Roland, der eifrig Tagebuch führt, berichtet über seine Teilnahme am Weltgeschehen und seine zwischenmenschlichen Beziehungen. Das Buch befasst sich mit seinen komplizierten Gefühlen in Bezug auf den Angriff, dessen Auswirkungen auf sein Leben (insbesondere in Bezug auf seine weiteren Beziehungen) und welche Auswirkungen dies auch auf andere hatte. McEwan schafft es hierbei, die Folgen des Missbrauchs einfühlsam und realistisch darzustellen. "Lektionen" ist insgesamt ein ruhig erzählter, aber dennoch eindringlicher Roman, der die globalen Ereignisse mit dem persönlichen Leben des Protagonisten Roland und seiner Familie verwebt. Es geht um Schuld, Freundschaft, Familie, Verrat und spiegelt das Weltgeschehen in kleinem, intimem Rahmen wider. Der Roman ist mit seinen rund 700 Seiten sehr umfangreich, aber es wird nie richtig langweilig, trotz mancher längeren Abschnitte. Sprachlich toll geschrieben werden die historischen Ereignisse und das Leben und die Gefühle von Roland Baines unter der Feder von McEwan lebendig. Ein anspruchsvoller literarischer Roman, der Spaß macht zu lesen.

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