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Rebecca

Posted on 25.9.2022

Rezension: „No longer yours“ von Merit Niemeitz Das Cover zum ersten Band der „Mulberry Mansion“-Reihe ist eine einem dezenten pastellfarbenen Grün gehalten. Könnte man einem Cover eine Charaktereigenschaft zuordnen, hätte ich es wohl als ‚schüchtern‘ bezeichnet, denn dieses Buch könnte man fast in einem vollen Regal im Buchladen übersehen. Kleine angedeutete Äste und Zweige, die wohl einen Maulbeerenstrauch darstellen sollen, haben rosa- und gelbfarbene Blüten an ihren Enden und sind über die komplette Coverfront verbreitet. Der Titel ist mittig in braunfarbenen Blockbuchstaben platziert worden, während der Reihentitel etwas linksseitig darunter in weißen Blockbuchstaben seinen Platz gefunden hat. Die gesamte Darstellung wirkt weich, ein wenig blass und dabei absolut nicht aufdringlich oder erdrückend. In „No longer yours“ stecken bereits im Titel unglaublich viele Emotionen, wie ich finde. Die Worte triefen nur so von Verlust und deuten sehr tiefe Gefühle an. Handelt es sich dabei um ein auseinandergerissenes Paar, wie es uns der Klappentext sagt, oder dreht es sich vielleicht noch um einiges mehr? Ich erwarte auf jeden Fall ein hohes Maß an Romantik, Verletzlichkeit und emotionalen Momenten und war vor Lesebeginn sehr gespannt auf die Geschichte. Der Reihentitel „Mulberry Mansion“ ist recht einfach gehalten und beschreibt nichts anderes als den Haupthandlungsort des Geschehens. Eben dieser Punkt und die ‚Anzeige‘ in der Leseprobe zu diesem Buch hat mich mit am meisten zu dieser Geschichte hingezogen, weshalb ich sie einfach lesen musste. Charaktere Avery Sterling ist 20 Jahre alt, studiert Jura und ist gerade erst nach Windsbury umgezogen. Nach dem Tod ihres Vaters und einem größeren Streit mit ihrer restlichen Familie braucht sie dringend einen Neuanfang. Avery ist ein absoluter Kopfmensch, sehr stur und verbissen und trifft meist rationale Entscheidungen. Sie ist eine Einzelgängerin, hat viele innere Abwehrmechanismen aktiviert und trägt eine schwere Last mit sich herum. Zusätzlich leidet sie, jedes Mal, wenn sie auf irgendeine Art und Weise mit dem Thema Gewalt in Berührung kommt, an schweren Panikattacken und Angstzuständen. Ich persönlich bin leider nicht sehr gut mit Avery warmgeworden. Mir war sie meist zu vorverurteilend und abweisend gegenüber anderen Menschen, was den gedanklichen Umgang mit ihrer Person für mich etwas schwierig gemacht hat. Eden studiert Literatur, ist ein absoluter Buchliebhaber und scheint meist in seiner ganz eigenen kleinen Welt zu leben. Auf viele Menschen wirkt er kühl und unnahbar, denn er kapselt sich gerne ab und lebt meist sehr zurückgezogen. Eden ist ein äußerst tiefsinniger Mensch. Er hat immer ein Zitat auf den Lippen, eine sexy Hörbuchstimme und verliert sich gerne in seiner Arbeit in Antiquariat. Sein altes Zuhause meidet er wie die Pest, denn wenn er auch nur daran denkt, dann sorgt er sich viel um seine Mutter und entwickelt Zweifel an sich selbst, was ihn nur wütend macht. Zum Ausgleich geht er regelmäßig in ein Boxstudio und lässt seinen Frust am Sandsack aus. Avery und Eden waren auf der Highschool lange Zeit ein paar, bis er sich am Abend des gemeinsamen Abschlussballs ganz plötzlich von ihr getrennt hat. Seither hatten sie zwei lange Jahre keinen Kontakt zueinander, bis sie sich nun in der Mulberry Mansion auf einmal wieder über den Weg laufen. Schreibstil und Handlung Schon im kurzen Verlauf der Leseprobe zu „No longer yours“ konnte mir der Schreibstil von Autorin Merit Niemeitz von sich überzeugen und mich die Geschichte für sich gewinnen. Locker, leicht und ungemein flüssig und angenehm bin ich beim Lesen durch die einzelnen Kapitel gekommen. Diese hatten auch eine für mich recht gute und entspannte Länge, dass ich mich von der Seite aus rundum wohlgefühlt habe. Die Handlung ist in der ersten Person aus den Sichtweisen von Avery und Eden geschrieben, wobei Averys Anteil deutlich größer ist als der von unserem männlichen Protagonisten Eden. Dazu muss ich anmerken, dass mir Edens Parts deutlich besser gefallen haben als die mit unserer weiblichen Protagonistin, was wohl allerdings daran gelegen haben wird, dass ich mit ihr ja nicht so ganz warm geworden bin. Besonders gut gefallen haben mir stilistisch gesehen die äußerst bildgewaltigen Szenendarstellungen. Gerade die Mulberry Mansion konnte man sich unglaublich gut vor dem inneren Auge vorstellen. Die Gerüche, Geräusche und auch die kleinen genannten Besonderheiten haben ein malerisches Gesamtbild hervorgerufen, bei dem man sich nur wohlfühlen konnte. Auch hat die Autorin es geschafft, jegliche der auftauchenden Gefühle auf äußerst intensive Art darzustellen und zu übermitteln, was insgesamt einen bunten Mix aus Freundschaft, Romantik, Trauer, Wut, Verzweiflung und sogar einer Prise Erotik ergeben hat. Inhaltlich hat mir am allerbesten die Grundidee der Handlung gefallen. Ein verlassenes und zum Teil verfallenes Gebäude, dass von einer Gruppe aus unterschiedlichsten Menschen renoviert und in Schuss gebracht werden muss. Richtig Lust darauf gemacht hat die Anzeige der Universität, die sozusagen den Prolog des Buches gegeben hat. Insgesamt wurden meine Erwartungen, zumindest was die in die Mulberry Mansion einziehenden Charaktere angeht, mehr als erfüllt. Alle hatten eine so unglaublich individuelle Persönlichkeit – einfach wow! Es war mir eine Freude die Bewohner Stück für Stück kennenzulernen, was definitiv auf meine Neugier auf die weiteren Bände der Reihe bereits geschürt hat. Weniger zufrieden bin ich mit der Umsetzung der Grundidee allerdings gewesen, denn leider gab es für meinen Geschmack viel zu wenig Szenen, die die Renovierung des Hauses näher beschrieben haben und auch hätte ich mir ein paar mehr gemeinsame Momente mit allen Hausbewohnern zusammen gewünscht und nicht nur immer so ein paar Mini-Bruchstücke. Bezüglich der Beziehung zwischen den Protagonisten Avery und Eden gab es für sehr lange Zeit offene Fragen, die glücklicherweise Stück für Stück in einem angemessenen Tempo beantwortet worden sind. Sehr schön fand ich bei den beiden, dass man ihre Verbindung zwischeneinander eindeutig gespürt hat. Gestört hat mich allerdings, dass jegliche Entwicklungen bei ihnen ein ständiges Hin und Her gewesen sind, was für mich dann doch etwas zu viel gewesen ist. Auch diese versucht zu übermittelnde intensive Liebe zwischen den beiden ist bei mir nicht gänzlich angekommen, was ich im Vergleich zu allen anderen Gefühlen wirklich sehr schade fand. Besonders zum Ende hin war ich leider auch etwas enttäuscht von dem plötzlichen Umdenken von Avery bzgl. ihrer Familie und von Eden bzgl. seiner eigenen Entwicklung. Anscheinend hat es jeweils nur ein einziges Gespräch gebraucht und auf einmal legen beide eine 180-Grad-Wende hin, was für mich mehr als nur unrealistisch gewesen ist und den vorangegangenen Teil der Geschichte ein wenig unglaubwürdig hat erscheinen lassen. Interessant fand ich den Umgang mit dem Themenbereich der häuslichen Gewalt, denn auf diese Art habe ich diesen wohl noch nie ausgearbeitet gelesen. Hat bei mir sowohl positive als auch negative Gedanken zu ins Rollen gebracht, aber das möchte ich an dieser Stelle nicht weiter vertiefen. Insgesamt bot „No longer yours“ als erster Band der „Mulberry Mansion“-Reihe einige großartige Szenen und Momente, aber auch kleinere Punkte, die für mich nicht ganz rund gewesen sind. Eindeutig hatte ich rückblickend allerdings mehr Freude als Frust an der Geschichte, weshalb ich schon sehr gespannt bin, wie es mit dem Haus und seinen Bewohnern in den weiteren Bänden der Reihe weitergehen wird und welche Geschichten uns noch so erwarten werden. Fazit „No longer yours“ konnte mit einer wundervollen Atmosphäre, dem malerischen Schreibstil von Autorin Merit Niemeitz und einer großartigen Grundidee eindeutig punkten. ♥ Die Geschichte konnte mich von Beginn an mitreißen und auch wenn es ein paar kleinere Schwächen gegeben hat, freue ich mich schon sehr auf die Folgebände der „Mulberry Mansion“-Reihe! Bewertung: 4  von 5 Sternen

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