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herbstrose

Posted on 15.8.2022

Vom Traum zum Albtraum … In seiner Heimat Kamerun sah Jende Jonga keine Chance, seiner Familie ein gutes Leben zu bieten. Deshalb reiste er mit Besuchervisum in die USA, wo er als Illegaler die ersten Jahre in New York mit verschiedenen Jobs das Geld für die Überfahrt seiner Frau Neni und ihres gemeinsamen kleinen Sohnes Liomi zusammensparte. Jetzt, nachdem er Asylantrag gestellt und eine vorläufige Arbeitserlaubnis erhalten hat, bekommt er durch einen glücklichen Zufall die Stelle als Chauffeur bei Mr Edwards, einem reichen Banker bei Lehman Brothers. Auch Neni bietet sich die Möglichkeit, für Mrs Edwards in deren Sommerhaus als Haushälterin zu arbeiten. Endlich scheint das Glück bei den Jongas eingekehrt zu sein, doch die Katastrophe lässt nicht lange auf sich warten. Lehmann Brothers geht Pleite, Jendes Asylantrag wird zunächst abgelehnt und Neni wird wieder schwanger … Imbolo Mbue, geb. 1982 in Limbe (Kamerun), ist Schriftstellerin und besitzt seit 2014 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Mit 17 Jahren kam sie in die USA, wo Verwandte ihr Studium in New Jersey und New York finanzierten. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie in der Marktforschung eines Medienunternehmens, verlor infolge der Finanzkrise ihre Arbeitsstelle und war danach 1 ½ Jahre arbeitslos. Sie spielte bereits mit dem Gedanken nach Kamerun zurückzukehren, als sie 2011 mit Schreiben ihres Debütromans „Behold the Dreamers“ begann. Als er 2016 erschien wurde er sofort als Überraschungserfolg gefeiert und Mbue erhielt dafür den PEN/Faulkner Award - die deutsche Übersetzung unter dem Titel „Das geträumte Land“ erschien 2017. Heute lebt die Autorin mit Mann und Kindern im New Yorker Stadtbezirk Manhattan. Wie aus der Vita von Imbolo Mbue unschwer zu erkennen ist, trägt ihr Debütroman einige autobiografische Züge. Dadurch ist sie in der Lage sowohl die Probleme, als auch die Erwartungen der Immigranten nachvollziehbar zu vermitteln und das perspektivlose Leben der Armen in Kamerun glaubwürdig darzustellen. Dass sie dabei neutral bleibt, weder die Bösen anklagt noch die Guten hervorhebt, ist nur von Vorteil. Sie verwebt einfach die Schicksale der beiden Familien miteinander, zeigt ihre Stärken und Schwächen, ohne den moralischen Zeigefingen zu erheben. Die Geschichte ist chronologisch aufgebaut. Meist ist man als Leser bei den Jongas, sieht New York mit seinen Problemen aus ihrer Perspektive und erfährt in Rückblenden und Erinnerungen einige interessante Details aus der Stadt Limbe in Kamerun. Dazwischen nimmt man Teil am Leben der Familie Edwards und stellt fest, dass auch bei den Reichen so manches im Argen ist. Der Sprachstil ist etwas schlicht, jedoch gut und flüssig zu lesen. Der einfache Satzbau in den Dialogen ist wohl den Einwanderern geschuldet, die die Sprache des Landes noch nicht beherrschen. Die Charaktere sind anschaulich und exakt gezeichnet und wirken dadurch sehr realistisch in ihrem Handeln. Die Autorin hat ein besonders gutes Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen. Fazit: Ein einfühlsamer und außergewöhnlicher Roman über die Sehnsüchte und Träume amerikanischer Einwanderer den ich gerne weiter empfehle.

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