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joberlin

Posted on 18.4.2022

Eine beunruhigende Geschichte ist das: Der Anwalt Kido Akira wird beauftragt, Erbschaftsangelegenheiten für die Witwe des gerade verstorbenen Taniguchi Daisuke zu regeln, als sich herausstellt, dass sich wohl jemand ganz anderes diesen Namen angeeignet hat. Doch ist das wirklich so? Schnell fängt Akira Feuer bei der Suche nach der wahren Identität des Toten, denn auch er selbst, festgefahren in beruflichen Zwängen und einer erkaltenden Ehe, hat schon mal mit dem Gedanken gespielt, ein ganz anderes Leben mit einer neuen Partnerin und unter neuer Identität zu führen. Das geht doch ganz einfach, man arbeitet sich in den neuen Lebenslauf ein und schält sich dann aus seiner alten Haut und wird so zu einem anderen Menschen. Mit einer Art geheimnisvollen Melancholie beschreibt der Autor die verschiedenen Lebensläufe seiner Protagonisten. Er greift dabei diverse biophilosophische Aspekte auf. Ist es denn nicht vielmehr so, dass "der Neue", zwar Eckdaten eines anderen Lebenslaufs lernen kann, aber doch nicht über prägende Eindrücke und Erfahrungen des anderen Menschen verfügt? Welche Rolle spielt die Vergangenheit für das Leben? Und für die Liebe? So ganz einfach scheint die Verwandlung in einen anderen wohl doch nicht zu sein. Diese Kriminal-, Ehe-, Liebesgeschichte, von Hirano meisterlich verwoben, liest sich interessant und spannend. Im letzten Drittel gibt es nach meiner Meinung ein bisschen zu viel Hin und Her, das wirkt, als wolle der Autor uns immer noch nicht und noch nicht das letzte Puzzleteilchen seines Romans präsentieren. Doch ist die Lektüre durchaus zu empfehlen und ganz besonders für Leser, die raffiniert-anspruchsvolle kriminalistische Verstrickungen lieben.

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