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herbstrose

Posted on 8.8.2021

Genie ohne Manieren und Gefühle … Nach Verbüßung einer zweijährigen Isolationshaft verlässt der 19jährige Ukrainer Boris Sidis seine Heimat und wandert nach Amerika aus. Mittellos erreicht er Im Oktober 1886 New York, wo er sich zunächst mit Hilfsarbeiten über Wasser hält. Nebenbei eignet er sich das gesamte Wissen öffentlicher Büchereien an und studiert an der Harvard University Philosophie und Psychologie. Unfähig Empathie und Liebe zu empfinden heiratet er Sarah, der er wie besessen zum Medizinstudium verhilft, während er selbst es bereits zum Dozenten gebracht hat und seine psychologischen Forschungen betreibt. Als dem Paar 1898 ein Sohn geboren wird, nennt er ihn nach seinem Förderer, dem bekannten Psychologieprofessor William James. Systematisch beginnt Boris mit einem von ihm entwickelten Training, um Gehirn und Intelligenz des Neugeborenen zu entwickeln. Das Experiment ist erfolgreich. Bereits als Einjähriger versteht das Baby vier Sprachen und im Alter von zwei Jahren liest William die New York Times. Die Schule kann ihm nichts mehr lehren, er überspringt nach und nach alle Klassen. Als Zehnjähriger referiert er in Harvard vor Professoren über seine Theorie der vierten Dimension und wird mit elf Jahren als Student immatrikuliert. Im Alter von zwölf Jahren wird William Sidis als „größter Mathematiker aller Zeiten“ gefeiert. Doch dabei bleiben sämtliche sozialen Kontakte auf der Strecke. William eckt überall an, er zieht sich zurück, meidet die Menschen und findet Freude an einfacher, anspruchsloser Arbeit. Bis er 1944 im Alter von 46 Jahren stirbt ist er ständig auf der Flucht vor der Öffentlichkeit und der Presse. Der Autor Klaus Cäsar Zehrer wurde 1969 in Schwabach/Bayern geboren. Er studierte Kulturwissenschaft und schrieb bereits einige Sachbücher, bevor er 2017 seinen ersten Roman „Das Genie“, eine Biografie über das Genie William James Sidis, veröffentlichte. Zehrer lebt in Berlin. Akribische Recherchearbeit des Autors zeichnet diesen biografischen Roman aus. Wir lesen die tragische Lebensgeschichte des William James Sidis, der als der intelligenteste Mensch aller Zeiten gilt und an den sich heute kaum jemand erinnert. Sein IQ soll höher als der von Einstein, da Vinci oder Newton gewesen sein und wurde nach seinem Tod anhand überlieferter Daten auf 250 bis 300 geschätzt. Er war überzeugter Pazifist und Kriegsdienstverweigerer und wurde im Laufe seines Lebens vom gefeierten Wunderkind zum Einzelgänger und menschenscheuen Sonderling. Das Buch beginnt mit Williams James ehrgeizigen und ebenfalls hochbegabten Vater Boris, der es als mittelloser Einwanderer in den USA zum angesehenen Psychologen mit eigenem Sanatorium für gut zahlende Patienten brachte. Er entwickelte ein Erziehungsprogramm, das er die Sidis-Methode nannte, wie aus jedem Menschen ein Genie werden kann, indem man bereits im Säuglingsalter mit der Förderung beginnt. Der Erfolg seines Experiments zeigte sich sehr eindrucksvoll bei seinem Sohn, dem aber leider jegliches Sozialverhalten abging. Fazit: Ein Buch das unterhält und bildet, Konzentration erfordert und zum Nachdenken anregt. Sehr empfehlenswert!

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