Profilbild von naraya

naraya

Posted on 3.8.2021

Eine Frau entschließt sich spontan, Bodybuilderin zu werden, doch auch nach Monaten intensiven Trainings bemerkt ihr Ehemann noch nicht einmal, wie sehr sie sich verändert hat. Eine Verkäuferin wartet schon seit Stunden vor einer Umkleidekabine auf ihre Kundin, die bereits alle Kleidungsstücke im Laden anprobiert hat. Warum kann sie einfach nicht das Richtige für sich finden? Ein Mann wird aus heiterem Himmel von seiner Freundin zu einem Duell herausgefordert. Auf dem Weg zum Duellplatz strömen von überall her weitere Paare herbei, die dasselbe vorhaben. Diese Szenarien beschreiben den Inhalt von nur drei Erzählungen von insgesamt elf, die in Yukiko Motoyas „Die einsame Bodybuilderin“ zu finden sind. Es ist das erste Werk der mehrfach preisgekrönten Autorin, welches ins Deutsche übertragen wurde – übrigens von Ursula Gräfe, die auch Haruki Murakami oder Hiromi Kawakami übersetzt. Das zentrale Element dieser Sammlung von Kurzgeschichten ist das Alltägliche, in das sich das Skurrile, Surreale, Bizarre einschleicht. Die Texte sind dabei oft dialoglastig, die Formulierungen klar und in kurzen Sätzen. Thematisch kreist Yukiko Motoya um Beziehungen, die Rolle der Frau in diesen bzw. der Gesellschaft im Allgemeinen, das Berufsleben sowie die Folgen all dieser Dinge: Überforderung, Depression, der Wunsch, auszubrechen bis hin zur völligen Entfremdung. Die Geschichten sind von unterschiedlicher Länge, mal nahezu fragmentarisch, mal sehr ausführlich. Mal ist die Handlung wirklich verstörend und bricht Tabus, mal geschieht kaum etwas. Grundsätzlich lese ich gerne Erzählungen, wobei natürlich immer die Tatsache bestehen bleibt, dass sie nur einen kleinen Ausschnitt präsentieren. Über viele Szenarien im Buch hätte ich gerne mehr gewusst, den Ausgangs- oder Endpunkt gekannt. Wenn man diese Situation jedoch einfach als gegeben hinnimmt, warten herrlich skurrile Erzählungen aus einer frischen, weiblichen Perspektive, die mir deutlich besser gefallen als diejenigen Murakamis, in denen er doch oft nur um sich selbst kreist. Meine Favoriten: „Die Hunde“ und „Was raschelt im Stroh?“

zurück nach oben