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stricki

Posted on 31.5.2021

Kindheit in den 60-er Jahren Ich bin völlig hingerissen und verliebt in diese Göre, die 7-jährig dem Leben im Österreich der 60-er Jahre trotzt. Die heute 67-jährige Schriftstellerin erinnert sich, vergleicht ihr heutiges Ich mit dem damaligen, und man ist sofort dabei, kramt selber in den Erinnerungen. So vieles, was ich selbst erlebt habe, bin ich doch in den 70-ern groß geworden. Ich konnte mich an so vielen Punkten mit ihr identifizieren, mit der jungen wie der heutigen Margit. An ein Wettpinkeln erinnere ich mich nicht, auch an keinen eingebildeten Hund. Wann unsere Eltern uns das erste Mal alleine gelassen haben, um auszugehen? Ich komm noch drauf! Ich scheine in einer ähnlichen Siedlung groß geworden zu sein, mit ähnlichen Eltern, Nachbarn und Verwandten. Wandern in den Bergen bei Unwetter, Check, kenn ich! Verlegen grinsende Väter, nörgelnde Mütter. Eine Kiste mit "geheimer Elternliteratur" im Keller, ungerechte Lehrer und der Kampf im Klassenzimmer um eine tolle beste Freundin. Ähneln sich unsere Lebensgeschichten so sehr, oder ist das Zufall? Es ist nicht alles eitel Sonnenschein, die Erziehungsmethoden sind teilweise ziemlich rabiat, die Kinder sind selbstständiger und dadurch auch mehr Gefahren ausgesetzt. Spanner, Grabscher, Epileptiker. Und Alleinerziehende, damals noch die totale Ausnahme. Frau Schreiner nennt die Dinge beim Namen. So war das damals. Bei ihr, und vermutlich auch so ähnlich bei vielen Anderen die in diesen Jahren aufgewachsen sind. Man ließ sich nicht scheiden, die Männer arbeiteten, die Hausfrau daheim. Dass die Kinder viel mehr verstehen, als die Erwachsenen sich das vorstellen - undenkbar. Beim Lesen brach ich immer wieder in wildes Gekicher aus und konnte mich kaum einkriegen. Ein experimentierfreudiges Kind, dass es im letzten Moment auf die Toilette schafft, mit großer Angst vor Darmverschluss und dem Fegefeuer, einer Abneigung gegen Wellensittiche und Klaviere. Mit einer überbordenden Fantasie und einer langweiligen Spielgefährtin. Was für ein wunderbares Buch. Eine sehr lebendige, aufrichtige, ehrliche Erinnerung der Schriftstellerin an das Kind, das sie war. Voller Liebe und Humor. Ich hab es verschlungen und war traurig, als ich die letzte Seite umblätterte. Ich würde gern lesen, wie es Margit auf dem Gymnasium erging, wie sie das Geheimnis der Babypaste lüftete und sich verliebte, die Rebellion des Teenagers gegen die Eltern. Leseempfehlung!

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