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Fina

Posted on 28.3.2021

Gestaltung: Ich finde das Cover sehr ansprechend. Bereits bei "Mein Freund Pax" haben mich die Naturtöne und Pflanzen sehr beruhigt. Diese naturbelassene Atmosphäre passt sehr gut zu dem plätschernden Stil der Autorin und den Schauplätzen ihrer Bücher. Ich hätte mir noch gewünscht, dass das Material des Schutzumschlags aus dem gleichen groben Naturpapier ist, wie bei "Mein Freund Pax", aber das ist wirklich nur eine Kleinigkeit. Darum geht's: Dieses Buch erzählt die Geschichte von dem 11-jährigen Ware, der den Sommer über ins Camp geschickt wird, nachdem seine Oma einen Hüftenbruch erlitten hat und er die Ferien bei ihr abbrechen musste. Doch Ware kann mit den vielen anderen Kindern nicht so recht was anfangen, stiehlt sich davon und entdeckt neben dem Sommercamp eine alte Kirchenruine. Außerdem entdeckt er dort Jolene, ein Mädchen, das neben der Kirche Papayas anpflanzt und sich in ihrer Gartenarbeit verkriecht. Als Ware beschließt, die Kirche in eine echte Ritterburg zu verwandeln, kommt er auch immer mehr mit Jolene in Kontakt und es entwickelt sich eine zarte Freundschaft. Doch das Grundstück, auf dem Kirche und Garten sind, soll versteigert werden. Können die Kinder das verhindern oder wird ihr Paradies zerstört werden? Idee/Umsetzung: Ich muss gestehen, dass ich vom Klappentext nicht sofort begeistert war. Es klingt etwas eintönig und nicht nach einer packenden, spannenden Idee, sondern tatsächlich eher einem Kinderbuch. Doch einerseits das schöne Cover und andererseits das Wissen, das Sara Pennypacker mit "Mein Freund Pax" bereits eine sehr herzerwärmende Geschichte geschrieben hat, haben mich überzeugt. Im ersten Teil des Buches lernen wir Ware sehr gut kennen. Er ist ein besonderer Junge, da er gerne viel allein mit seinen Gedanken ist, sich in die Fantasie flüchtet und bei den Gleichaltrigen im Camp eher der Außenseiter ist. Das macht dem Kleinen wirklich zu schaffen, sodass er beschließt, den Sommer über "normaler" werden zu wollen. Allein diese Tatsache hat mich tief berührt und traurig gemacht, da es die Erziehung der Eltern doch etwas fraglich dastehen lässt. In Jolene findet Ware nicht unbedingt eine Gleichgesinnte, aber auch sie ist eher verschlossen und spricht häufig in Rätseln. Insgesamt wirkt sie für ihr Alter schon ziemlich verbittert und man wird als Leser*in schnell neugierig, weshalb Jolene so geworden ist. Andere Figuren des Buches werden eher angerissen, der Fokus liegt sehr stark auf den beiden Kindern und ihrer Freundschaft. Allerdings muss unbedingt noch Onkel Cy erwähnt werden, der einfach ein ganz wunderbarerer Charakter ist und Ware ganz viel Hoffnung schenkt. Die Eltern lernt man ebenfalls etwas kennen, aber die beiden waren mir leider bis zum Ende wenig sympathisch, auch wenn ich ihre Beweggründe viel zu arbeiten nachvollziehen kann. Das Buch ist insgesamt vom Aufbau her recht simpel. Es gibt wenige Schauplätze, hauptsächlich wechseln wir zwischen Wares Zuhause und dem Grundstück der Kirche. Auch die Handlung ist nicht außergewöhnlich komplex, im Grund begleiten wir Ware von dem Tag an, als er ins Sommercamp geschickt wird, bis zum Ende der Sommerferien. Es gibt zahlreiche Beschreibungen der Kirche und von Jolenes kleinem Garten, sodass sich beim Lesen bei mir die Idylle so richtig vor meinem inneren Auge gezeigt hat und ich mich beim Lesen immer sehr entspannt und geerdet gefühlt habe. Allerdings führt der zurückgenommene Plot dazu, dass insgesamt wenig Spannung aufkommt. Wir haben sehr viel Teil an Wares Gedankenwelt, belauschen seine Gespräche mit Jolene und besuchen seine Oma - alles keine wahnsinnig spannenden Szenen. Aus diesem Grund bin ich mir einfach nicht sicher, ob das Buch tatsächlich etwas für Kinder ist. Ich glaube, die Message, die durch Wares Entwicklung hin zu einem mutigeren uns selbstbewussteren Jungen geschieht, kann vielen Kindern ebenfalls Mut machen, aber viele Kinder langeweilen sich vermutlich schon recht früh. Es gibt auch keine überraschenden Wendungen oder ähnliches, sodass man wirklich ein Fan von ruhigen, plätschernden Geschichten sein sollte. Ein weiterer Grund, warum ich das Buch eher nicht in der Zielgruppe der 10+ Jährigen verorten würde, ich der Schreibstil. Pennypacker hat einen wunderbar bildlichen und besonderen Schreibstil, der aber schon etwas anspruchsvoller ist und viele Metaphern nutzt. Zwischen den Zeilen steht hier beinahe mehr geschrieben als in den Dialogen und Beschreibungen, sodass ich schwer einschätzen kann, ob Kinder die Geschichte überhaupt vollends verstehen. Ich habe das Buch am Ende mit einem seligen Lächeln zugeklappt, weil ich die Geschichte wirklich berührend fand. Es war für mich ein richtiges Wohlfühlbuch nach einem stressigen Tag. Trotz dessen haben sich zwischendrin auch immer wieder Abschnitte ergeben, die weniger interessant und etwas langatmig waren, sodass ich die Spannungskurve als etwas schwankend empfunden habe. Fazit: Fans von "Mein Freund Pax" sollten sich dieses Buch unbedingt anschauen. Sara Pennypacker hat mit "Hier im echten Leben" wieder ein sehr ruhiges, aber starkes Buch geschaffen, in denen ganz viele wichtige Botschaften zwischen den Zeilen mitschwingen. Für Kinder würde ich das Buch allerdings nur bedingt empfehlen, weil das Buch insgesamt nicht besonders spannend und die Sprache durch viele Metaphern eher anspruchsvoller ist. Erwachsene, die gerne entspannte Wohlfühlbücher mit wichtiger Message lesen, können auf jeden Fall Gefallen daran finden.

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