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joberlin

Posted on 2.3.2021

"Es gibt Leerstellen in diesem Leben" ... Leerstellen, die niemand mehr füllen kann, weil die Erinnerung fehlt. So beginnt Patrick Modianos neuer Roman. Jean Eyben sucht im Auftrag einer Detektei die verschwundene Noëlle Lefebvre. Eigentlich ist Jean dafür nicht besonders geeignet, er ist schüchtern, Fragen zu stellen, ist ihm unangenehm. Und so findet er nichts, keinen Hinweis, keine Spur. Doch die Suche, das Geheimnis, das diese verschwundene Frau zu umgeben scheint, lässt ihn auch nach Jahrzehnten keine Ruhe. Und endlich stellt er fest: Noëlle kommt aus einem Dorf in der Umgebung von Annecy, so wie er auch. Sollte es da Berührungspunkte geben? Kennt er diese Frau vielleicht sogar aus seiner Jugendzeit? Wie eigentlich immer bei Patrick Modiano spielt eben das Auffüllen der Leerstellen, das Zusammenfügen von kleinen Erinnerungsbruchstücken zu einem vollständigen Bild die größte Rolle. "So wie "Tinte, farblos, wenn man sie benutzt, wird [sie] schwarz durch die Einwirkung einer bestimmten Substanz". Was wenn er diese Substanz wäre? Wenn er diese Frau früher kannte? Könnte er dann das Unsichtbare sichtbar machen? Könnte er sie dann finden? "…. alles wird lesbar von einem Tag auf den andern. Es reicht, dass die Zeit verstreicht." Lakonisch, melancholisch, feingliederig schreibt Patrick Modiano diese Geschichte, ganz ohne je ausschweifend in seiner Darstellung zu werden. Ein typischer Modiano – ruhig, rückschauend, erinnernd, geheimnisvoll, Stil und Sprache top. Gefällt mir sehr, sehr gut!

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