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bibliomarie

Posted on 7.6.2020

August Emmerich ist ein Kriminalkommissar der aus dem Rahmen fällt. Nicht nur weil er im Wien in den 20iger Jahren des letzten Jahrhunderts ermittelt, sondern weil er nicht in das gängige Beamtenklischee passt. Aufgewachsen als uneheliches Kind im Waisenhaus, war ihm eher ein proletarischer Werdegang vorherbestimmt. Auch wenn er nun als Kriminalbeamter eine gesicherte Position hat, seine Herkunft will und kann er nicht verleugnen. Und was heißt schon gesichert, wenn die Inflation wütet und er mit seinen drei kleinen Kindern keine Wohnung findet. Das ist der Hintergrund dieses historischen Kriminalromans. Ein Doppelmord macht der Polizei zu schaffen, es traf zwei junge Frauen aus dem Milieu. Doch statt zu ermitteln, muss Emmerich zu einer Art Benimmkurs. Seine despektierlichen Äußerungen über den neuen Kanzler wurden leider von der falschen Person gehört. Nun sitzt Emmerich in einer Kadettenanstalt fest und muss seinen jungen Mitarbeiter in die Welt der Gangster, Schieber und zwielichtigen Clubs schicken. Eine echte Feuerprobe für den jungen, ehemals adligen, Ferdinand Winter. Es gibt schon einige Bücher um August Emmerich, aber „Das schwarze Band“ ist mein Einstieg. Ich hatte damit überhaupt keine Probleme und nie das Gefühl, dass mir Vorwissen fehlt. Lediglich der Wunsch, möglichst schnell die anderen Bände aus der Reihe zu lesen, ist immer drängender geworden. Das stimmungsvolle Zeitbild hat mich gefesselt, die wilden Zwanziger, die auch in Wien, ähnlich wie in der Berlin zu dieser Zeit, zwei Welten zeigen. Die hemmungslose Vergnügungssucht in Bars und diversen Clubs, sexuelle Freizügigkeit wie nie zuvor auf der einen Seite. Aber auch eine zunehmende Verelendung der Bevölkerung, Inflation und Arbeitslosigkeit haben viele Viertel Wiens in Slums verwandelt. Dazu kommt die unsichere politische Führung, das Kaiserreich ist eben erst untergegangen und der alte Adel will sich nicht mit dem Adelsaufhebungsgesetz abfinden. Ich mag es, wenn mich Bücher mit Spannung unterhalten, ich aber auch sehr viel aus dem Hintergrund erfahren kann. Hier vor allem zeitgeschichtliche Dinge aus der jungen Republik Österreich. Das war eine richtige Zeitreise. Alex Beer hat eine faszinierende Art zu schreiben, der Krimi ist unglaublich spannend, hart und ungeschminkt, aber auch unterhaltend. Ihre Figuren – allen voran – August Emmerich haben mir in ihrer Charakterisierung sehr gefallen. Genau der richtige Lesestoff für Fans des historischen Kriminalromans und ich bin sicher, ich werde mir keinen Band entgehen lassen.

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