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Akantha

Posted on 17.5.2020

„Die Bastardtochter“ von Petra Schier ist der dritte Band ihrer Kreuz-Triologie (Band eins: „Die Eifelgräfin“, Band zwei: „Die Gewürzhändlerin“). Die Autorin selbst gibt am Ende zwar an, man könne die Teile auch in umgekehrter Reihenfolge lesen, da würde ich jedoch nicht zustimmen. Im finalen Buch wurde auf sehr viele vergangene Ereignisse Bezug genommen, die wichtig für die Geschichte sind. Nicht zuletzt das Motiv des Antagonisten ist stark in der Vergangenheit verankert, aber erstmal zum Anfang: Protagonistin ist Enneleyn, die uneheliche Tochter des Grafen Johann von Manten. Er hat sie als Tochter anerkannt, sodass sie mit ihm und seiner Frau Elisabeth in seinem Haushalt in Koblenz lebt (Die Geschichte dieses Paares beinhaltet vor allem der erste Band der Reihe). Gesellschaftlich haftet Enneleyn jedoch immer noch ein Makel an und so ist sie mehr als bereit den charmanten Ritter Guntram von Eggern zu heiraten. Es dauert jedoch nicht lange, bis sich zeigt, dass ihr Ehemann, statt liebevoll und einfühlsam, brutal und hinterhältig ist. Enneleyn scheint nur eine Figur in seinem bösartigen Plan zu sein. Der andere Protagonist, neben Enneleyn, ist Anton Bongert, der Bruder der Gewürzhändlerin Luiza (ihre Erlebnisse sind vor allem dem zweiten Band der Trilogie zu entnehmen) und selbst ein Kaufmann. Die Geschichte wird im Wechsel aus seiner und Enneleyns Perspektive erzählt. Diese Methode soll eigentlich dazu dienen, dass der Leser sich in diese beiden Charaktere gut einfinden kann. Bei mir hat das leider nicht geklappt. Natürlich trägt allein Enneleyns Charakter, ihr Stolz und vor allem ihre Schicksalsergebenheit und Gottsfurcht die Geschichte. Doch ich war auf jeder Seite entsetzt, was sie über sich ergehen lässt, wie untätig sie ist und wie sie sich selbst immer tiefer in die Opferrolle fallenlässt. Entgegen entsprechender Komplimente, die sie erhält, war sie keine starke Frau, was ein krasser Gegensatz zu den ersten beiden Bänden der Reihe ist. Elisabeth und Luzia lassen sich darin nichts gefallen, treten für sich ein und sind wirklich stark. Enneleyn ist natürlich ob ihres Ehemannes nur zu bedauern, aber kein Charakter mit dem ich mich identifizieren oder ihn bewundern könnte. Der Leser bleibt die ganze Zeit dran, weil er vor allem Guntrams Plan aufdecken will. Hierzu hat Petra Schier auch in schöner Regelmäßigkeit Hinweise eingestreut, sodass man sich nicht durch das Buch durchquälen muss. Aufgrund von Enneleyns Passivität zieht sich die Erzählung allerdings sehr in die Länge. Erst am Ende, als sie aktiv wird, wird es nochmal spannend und auf einmal geht alles ganz schnell. Trotzdem wäre es angenehmer, wenn man auch bei dem persönlichen Erzählstrang von Anfang an neugierig und voll freudiger Erwartung die Seiten umschlägt. Als einen kleinen Missgriff empfinde ich außerdem die Sprache eines kleinen spanischen Jungen, der deutsch lernt. Vermutlich um die Authentizität zu erhöhen, gibt die Autorin seine deutschen Sätze exakt wieder, mit allen falschen Konjugationen, Aussprachen und auch wie er sich selbst korrigiert. Das ist bereits nach kurzer Zeit anstrengend und so nervig für den Leser, dass ich seine wörtliche Rede gerne überspringen wollte. Der Plan, dass es authentisch oder niedlich erscheinen könnte, ist an mir leider ins Gegenteil verkehrt. Erwähnenswert, aber ohne Einfluss auf meine Beurteilung, ist für die komplette Trilogie definitiv noch die mystische Komponente. Es gibt eine Reliquie, mit der Dinge geschehen und die Ereignisse auslöst, welche nicht rational erklärbar sind. Im besten Fall sollte dies etwaigen Leser gefallen, da es ein wichtiges Motiv der Geschichte ist. Mir sagt es nicht so sehr zu, aber die tollen Charaktere in den ersten beiden Bänden und die spannende Handlung konnte darüber hinwegtragen. In „Die Bastardtochter“ ist das leider nicht gelungen. Abgesehen von einer Stadtkarte zu Beginn des Buches, findet sich zum Schluss noch ein Personenregister mit Hinweis auf historische Persönlichkeiten. Außerdem ist auf der letzten Seite ein mittelalterliches Rezept von einem Gericht angegeben, das im Buch vorkommt, sowie eine neuzeitliche „Übersetzung“, die das Nachkochen erleichtert. Eine hervorragende und amüsante Idee! Zu der Mahlzeit kann ich leider noch kein Feedback geben, werde es aber definitiv ausprobieren. Insgesamt hat mir das Finale leider nicht so gut gefallen, wie die ersten beiden Bände. Enneleyn ist für meinen Geschmack keine interessante Protagonistin und durch ihren zurückhaltenden Charakter wurde die Geschichte stark gelähmt. Die Grundidee war allerdings spannend und ich habe mich gefreut, die Charaktere und ihren Humor wiederzutreffen. Daher komme ich zu 3 von 5 Sternen.

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