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franziskaschönbach

Posted on 19.10.2017

Fahrenheit 451, das ist die Temperatur, ab dem Buchpapier Feuer fängt. Das Buch war früher mal ein unbekannte, kleine Erzählung in einem SiFi Magazin. Doch der sehr eingehend Schreibstil Bradbury’s, der für mich das Buch zu einem besonderem, tiefgehenden Werk macht, sowie das erschreckende Szenario machte die Geschichte rund um Guy Montag weltbekannt. Diese Welt, in der Bücher durch die Feuerwehr verbrannt werden, bedient die Zensur, das Beschlagnahmen und die Verbrennung von Büchern. Doch geht Fahrenheit 451 noch weiter. Die Zensur, die es ja bereits im wirklichen Leben schon gab beziehungsweise gibt, galt sonst immer ideologischen oder rassistischen Werken. Hier ist jedoch jedes Buch betroffen. Das Lesen und Besitzen von sämtlichen Büchern ist streng untersagt. Eine Szenario das erschreckend ist. Und das noch erschreckender ist, da dieses Verbot, laut Hauptmann Beatty nicht von Oben kam, sondern aus der Bevölkerung heraus entstand. In einer Welt, in der keiner mehr Zeit hat, alles schnell gehen muss, die Schlagzeilen immer kürzer werden müssen, die Romane eher Kurzgeschichten weichen, Werbung und Fernsehen und Radio uns umgeben, haben die Menschen ganz von alleine aufgehört zu Lesen. Dieses Dichten und Denken, dass ja nur unglücklich macht, wird gemieden und ist den meisten unverständlich geworden. „Vergiß vor allem nicht, Montag, wir sind die Glückshüter, du und ich und die anderen. Wir stemmen uns gegen die wenigen, die alle unglücklich machen wollen mit ihrem Dichten und Denken“. (S. 77) Die Menschen werden durch Drogen, Freizeitparks und überdimensionale Videowände permanent unterhalten, sind dem selbständigen Denken beraubt. Ja Guy und seine Frau wissen nicht einmal mehr, wo sie sich eigentlich kennen gelernt haben. Bücher werden als der Hauptgrund für nichtkonformes Denken hingestellt. Montag funktioniert und geht pflichtbewusst seiner Arbeit nach. Doch heimlich hortet er selber einige Bücher im Lüftungsschacht. Als er eines Tages der fast 17-jährigen Clarissa begegnet, ändert sich etwas in ihm. Sie redet von Kunst, vom freien Denken, von der Schönheit der Natur, bis ein traumatischer Einsatz Montag schließlich zum so verpöntem Nachdenken bringt und er sich selbst eine Meinung bilden möchte. „Es muss etwas dran sein an den Büchern, etwas, von dem wir uns keine Vorstellung machen, wenn eine Frau sich deswegen verbrennen läßt. Es muss etwas dran sein. Um nichts und wieder nichts tut man das nicht.“ (S. 66) Bradbury spricht in den 50er Jahren ein Thema an, was damals sehr visionär war und heute erstaunlich, fast beängstigend nah an der tatsächlichen Entwicklung dran ist. Heute ist ein solches Szenario, mit dem er vor der Gefahr, dass das uns überall umgebende Fernsehen die Bücher verdrängt und uns verblöden lässt, warnen möchte, gar nicht mehr so undenkbar, wie es eventuell damals noch war. Fahrenheit 451 wartet zwar nicht mit einer sehr rasanten, detaillierten Welt oder Geschichte auf, es geht mehr um die Aussage des Buches und den Inhalt, nicht um das Setting oder einen raffinierten Plot. Mir gingen vor allem die Beschreibungen der Gefühle, des Lebens, der Eindruck durch die ständig lärmenden, mit dir redenden Videowände, die gedankenlosen Menschen die aus Spaß Leute überfahren, diese vollkommen rücksichtslose Freizeitindustrie, unter die Haut. Und mir als Buchfreund tat vor allem das Verbrennen der Bücher besonders weh. Die Geschichte ist zwar nicht sonderlich action-reich, aber sie regt zum Nachdenken an und ist mit dem eindringlichen Schreibstil im Stile der 50er Jahre ein bemerkenswertes Werk. Ein Buch, dass uns nicht nur die Potenziale sondern vor allem auch die Abgründe der menschlichen Natur näher bringt. Bradbury bedient sich dem Vergleich mit einem Phönix, den ich sehr treffend finde. Ein Phönix, der sich immer wieder selbst verbrennt und aus der Asche neu aufersteht. Nur dass der Mensch genau weiß was er da tut und trotzdem nicht aus seinen Fehlern lernt. Und nun, ohne Bücher, nicht einmal mehr nachlesen kann, was denn überhaupt die Fehler waren. „Aus der Kinderstube an die Universität und wieder zurück, da hast du die geistige Entwicklung der letzten fünf Jahrhunderte oder gar länger.“ (S. 70)

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