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DasIgno

Posted on 11.9.2019

Berlin, 1930. Die Filmindustrie wandelt sich vom Stumm- zum neuartigen Tonfilm. Mitten in den Dreharbeiten stirbt Betty Winter, ein Star des deutschen Films, vermeintlich durch einen Unfall. Sie soll nicht die einzige Schauspielerin bleiben. Während der Ermittlungen gerät Kommissar Gereon Rath immer weiter unter Druck. Frisch in die Mordkommission versetzt, eckt er mit seiner Art bei Vorgesetzten und Kollegen gleichermaßen an. Während ein Serienmörder die Berliner Schauspielerszene aufmischt. ›Der stumme Tod‹ ist der zweite Band in Volker Kutschers Reihe ›Gereon Rath‹. Das Buch erschien 2009 bei Kiepenheuer & Witsch und umfasst 541 Seiten. Der historische Kriminalroman dient als Vorlage für die dritte Staffel der Serie ›Babylon Berlin‹. Im zweiten Band der Reihe um Kriminalkommissar Gereon Rath führt Volker Kutscher seine Lesenden in die Welt der spätweimarer Filmszene Berlins. Die Geschichte beginnt tragisch, als Betty Winter beim Dreh durch einen herabfallenden Scheinwerfer getötet wird. Was zunächst wie ein Unfall aussieht, wirft schnell Fragen auf. Besonders als weitere Schauspielerinnen sterben. Die Fälle scheinen mit dem Betty Winters nicht in Zusammenhang zu stehen, denn sie weisen untereinander grausame Parallelen auf. Alles spricht für einen Serienmörder, doch wie passt die Winter da rein? Die Hauptstadtpresse trägt ihren Teil zu wilden Spekulationen und Anheizen der allgemeinen Beunruhigung bei. Die Szene wird zum Schmelztiegel. Zur sowieso aufgeheizten Stimmung zwischen Kommunisten und Nazis in Berlin kommen nun auch noch Produktionsfirmen, die sich untereinander bekriegen, hinzu. Wie schon im ersten Band fängt Kutscher auch in ›Der stumme Tod‹ die Stimmung im Berlin der späten Weimarer Republik beeindruckend ein. Das Buch lebt von dieser Stimmung zwischen Resignation und Rebellion mit dem richtigen Maß Lokalkolorit. Sich in dieses Berlin zu versetzen, fällt nicht schwer. Hinzu kommt die sich angesichts des neuen Tonfilms im Aufbruch befindliche Filmszene, die sich etwas konträr zur gesellschaftlichen Stimmung entwickelt. Das alles ist sehr stimmig umgesetzt. Etwas weniger gefallen haben mir leider die Entwicklungen der Figuren. Gereon Rath eckt als Einzelgänger immer wieder an, das ist grundsätzlich in Ordnung. Allerdings reizt Kutscher das für mich etwas zu sehr aus. Rath kennt das System gut genug, um sich nicht mit jedem anlegen zu müssen, trotzdem trifft er immer wieder Entscheidungen, bei denen er schon vorher ganz genau weiß, dass sie ihm um die Ohren fliegen werden. Etwas mehr Pragmatismus, um wenigstens ein paar solcher Situationen auszulassen, würde für mich besser zu der Figur passen. Insbesondere weil es etwas konstruiert wirkt, dass er wirklich jede dieser Situationen mitnimmt. Das gleiche gilt im Prinzip für seine Beziehung mit Charly, die sich langsam zu einer On-Off-Beziehung entwickelt. Begründet darin, dass vor allem Gereon nicht zurückstecken kann. Auch das wirkt auf mich stellenweise konstruiert und dieser Teil der übergreifenden Story wird mir ein wenig lästig, weil er sich zu wiederholen beginnt. Ich befürchte und weiß ein Stück weit auch schon, dass das erstmal so weiter gehen wird. Das ist mir einfach etwas zu dünn, zumal sich die übergreifende Story bis jetzt weitestgehend auf diese Beziehung beschränkt, sieht man von den gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen ab. Nichtsdestotrotz, der kriminalistische Teil von ›Der stumme Tod‹ gefiel mir sehr gut. Die Fälle sind detailreich konstruiert und glaubhaft, die Beweggründe der Täter nachvollziehbar. Wo der Band in der Rahmenhandlung gegenüber ›Der nasse Fisch‹ schwächelt, wird er hinsichtlich des eigentlichen Falles stärker. Insofern gleich sich alles wieder ein bisschen aus, so dass ich am Ende doch zu einem versöhnlichen Abschluss komme. Die Reihe lese ich jedenfalls gespannt weiter.

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