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Casaplanca

Posted on 19.7.2022

Abschied eines Sohnes "Die Schuhe meines Vaters" von Andreas Schäfer ist ein Abschied des Autors von seinem Vater. Es ist ein Abschied, der sehr viel von einem Kennenlernen hat und das macht dieses Buch zu etwas Besonderem. Der Vater wohnt in Frankfurt und kommt im Sommer 2018 zu seinem Sohn zu Besuch nach Berlin. Er erzählt von einer geplanten Biopsie, die nach einer überstandenen Krebserkrankung nötig wird. Er stuft sie nicht als bedrohlich ein und möchte auch keine Begleitung dabei. Für alle ist es ein Schock, als dann der Arzt anruft und den Sohn vor die Entscheidung stellt, wann das künstliche Koma zu beenden ist, also wann die Maschinen abgestellt werden und der Vater sterben wird. Der Sohn fährt natürlich sofort hin und begibt sich auf Spurensuche, auf eine Reise in die Vergangenheit, eine Reise in seine eigene Kindheit, und noch weiter zurück. Er macht sich auf, um seinen Vater kennenzulernen, ehe er ihn loslassen, ihn gehenlassen kann. Mir gefällt sehr, dass er die Erzählung von beiden Seiten angeht, er berichtet über seine eigenen Gefühle, seinen eigenen Schockzustand, seine Wut, seine Trauer, seine Hilflosigkeit. Er erzählt, was er dafür tut, damit zurechtzukommen, um zu überleben, um mit diesem Verlust, dieser Verantwortung weiterleben zu können. Und er erzählt vom Vater, von der gemeinsamen Zeit und seinen Erinnerungen daran. Diese Erinnerungen werden nicht beschönigt, es kommt gut heraus, dass das Vater-Sohn-Verhältnis ein eher schwieriges war und es wird auch gut begründet, warum das so war. Der Vater war ein Mensch mit Stärken und auch Schwächen, er hat viel erlebt in seiner Jugend, erlitt ein Trauma durch den Krieg, das er nie überwand und an seine Familie weiterreichte. Vieles was der Autor sich jetzt erschließt, hätte er gerne eher gewusst und mit dem Vater besprochen, das liest man aus vielen seiner Worte und kann das gut verstehen. Der Autor und auch das Buch finden einen versöhnlichen Abschluss, der Kreis des Lebens schließt sich hier wieder und ich bin sehr dankbar, diese Geschichte erfahren zu haben. Das Buch hat mich emotional tief berührt, zum nachsinnen angeregt und Gespräche angeregt, es hat mich traurig gemacht und mit Schmerz erfüllt, mir aber auch wieder den nötigen Trost gespendet. Eine klare Empfehlung von mir.

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