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stefan182

Posted on 26.6.2022

Inhalt: London, 1881. Als Leo Stanhope in der Apotheke seines Vermieters eine Frau mit zwei Kindern bedient, ahnt er noch nichts Böses. Doch kurze Zeit später wird er von der Polizei abgeholt und zu einem Anarchistenclub gebracht. Der Grund: Dort wurde die notdürftig verscharrte Leiche einer Frau gefunden – jene Frau, die kurz zuvor in der Apotheke war. Sie trug einen Zettel mit Leos Adresse bei sich, sodass er in den Kreis der Verdächtigen rutscht. Am Tatort begegnet Leo überraschenderweise eine Person, die er noch aus Kindheitstagen kennt: John Thackery, ein junger Adliger, der sich nunmehr für die Interessen der Arbeiterschaft einsetzt – und der für die Mordnacht ein Alibi benötigt. Sollte Leo ihm dies nicht geben, so droht er, Leos Geheimnis zu verraten… Persönliche Meinung: „Der Mord in der Rose Street“ ist ein historischer Kriminalroman von Alex Reeve. Nach „Das Haus in der Half Moon Street“ handelt es sich um den zweiten Band der Leo-Stanhope-Reihe. Den ersten Band habe ich nicht gelesen; allerdings hatte ich keine Schwierigkeiten der Handlung zu folgen. Erzählt wird der Krimi aus der Ich-Perspektive von Leo Stanhope, der eine tiefenscharf ausgearbeitete Figur ist. Leo ist ein Transmann, dessen Gefühlswelt authentisch, lebendig und facettenreich nachgespürt wird. So kämpft er gegen Vorurteile der Gesellschaft/seiner Familie an; permanent fürchtet er, dass seine Transsexualität entdeckt wird – was einschneidende Konsequenzen für ihn hätte. Innerlich ist er zerrissen: Seinen näheren Freunden möchte er von seiner Transsexualität erzählen, da er das Gefühl hat, sie zu belügen. Gleichzeitig sorgt er sich vor Ablehnung. Diese ganzen Gefühle werden außerdem schön in den Plot des Krimis eingewoben. Generell wird in „Der Mord in der Rose Street“ einfühlsam mit dem Thema „Transsexualität“ umgegangen. Der Handlungsort des Krimis, das viktorianische London mit seinen Gassen, Kutschen und kantigen Figuren, wird atmosphärisch beschrieben. Innerhalb der Handlung gibt es einzelne, kleinere Längen, aber diese fallen für mich nicht so sehr ins Gewicht: Insgesamt ist die Handlung spannend, besitzt einige falsche Fährten und endet mit einem überraschenden Twist. Der historische Hintergrund, vor dem sich dies alles entfaltet, ist die Industrialisierung in England; damit verbunden die aufkeimende soziale Frage und die Formierung der Arbeiterbewegung. Der Schreibstil von Alex Reeve lässt sich flüssig lesen und die Wortwahl wirkt authentisch. Insgesamt ist „Der Mord in der Rose Street“ ein atmosphärischer historischer Krimi mit einer spannenden Handlung und einem tiefenscharf ausgearbeiteten Protagonisten.

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